Neues vom Beauty Pro: Porentief nachgefragt

Wieso ist meine Haut plötzlich trockener?

„Die meisten Frauen, die ich in letzter Zeit behandelt habe, hatten eine dehydrierte Haut“, sagt meine Kosmetikerin. Und Verbraucher-Studien unterstützen diese Beobachtung. Denn seit vergangenem Jahr − mit dem Beginn der Maskenpflicht − ist die Internet-Suche nach „Feuchtigkeitspflege“ um 86 Prozent gestiegen.
Bisher lautete meine Hautanalyse immer auf „Mischhaut“. Das hat sich jetzt offensichtlich geändert. Seit ich endlich wieder mal bei meiner Kosmetikerin Julia einen Präsenztermin hatte, wie es so schön heißt, habe ich die Bestätigung. Zweimal hatte mir der Lockdown in Bayern einen Strich durch meine normale Vier-Wochen-Routine gemacht hat.
Für eine Beauty-Journalistin wie mich war das Ergebnis niederschmetternd. „Die Haut ist dehydriert“, lautete das Urteil der Profi-Frau. Ich konnte es kaum glauben, weil ich erstens nichts an meiner gewohnten Pflege geändert hatte und zweitens besonders viel Wert darauf lege. Aber unter der seit vielen Monaten staatlich verordneten FFP2-Maske ist vieles anders geworden. Verstärkte Hygiene und Stress wirken sich nun mal negativ auf die Haut aus. Mit diesem neuen Problem stehe ich nicht alleine da.

Trockengebiete

Was genau bedeutet es, wenn die Haut dehydriert ist? „Eine dehydrierte Haut verliert Feuchtigkeit oder kann nicht ausreichend Feuchtigkeit in der Haut binden“, erklärt Kosmetikerin Julia Erbes. „Man merkt es daran, dass die Haut spannt und sich trocken anfühlt. Bei stärkerer Austrocknung kann sie sich sogar schuppen und Irritationen ausbilden.“ Fast jede Frau hatte schon mal Phasen, in denen eine sonst völlig normale Haut, plötzlich mit Trockenheitsanzeichen reagiert. Der Teint sieht dann stumpf und fahl aus. Ihm fehlt die Ausstrahlung und feine Linien fallen stärker auf. Jede Spur von 'Glow' ist wie aus dem Gesicht gewischt.
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Strukturanalyse

Rekapitulieren wir noch einmal die strukturbedingten Ursachen für trockene Haut. Im Aufbau unserer Haut zeigen sich verschiedene Schichten. Ganz oben befindet sich die Epidermis, in der Wasser gespeichert wird. Diese Oberhaut ist mit 0,1 Millimeter in etwa so dünn wie ein Blatt Papier. Sie besteht aus kleinen, übereinander gelegten Hornplättchen, die durch die Feuchtigkeit geschmeidig und elastisch gehalten werden. Fehlt diese, trocknen sie aus und die Haut wird spröde. Damit sie schön 'smooth' bleibt, muss dieser Feuchtigkeitsspeicher immer gut gefüllt sein.

Barrierefunktion

Dass aus der Haut ständig Wasser in die Umgebungsluft verdunstet, ist wiederum ein physiologisch völlig normaler Vorgang. Man spricht vom transepidermalen Wasserverlust (TEWL – Transepidermal Water Loss). Eine intakte Haut kann diesen Feuchtigkeitsverlust problemlos ausgleichen. Erst wenn zu viel Wasser verdunstet, entsteht Trockenheit.
Um das Wasser zu halten, hat die Haut verschiedene Möglichkeiten. Sie zieht ihre natürlichen Feuchtigkeitsspender heran, die man als NMF (Natural Moisturizing Factors) bezeichnet. Doch die ganzen Bemühungen nutzen nichts, wenn das Wasser doch wieder ungehindert verdunsten kann. Und dazu ist eine gesunde Hautbarriere erforderlich. Man kann sie als ein Gemisch aus Wasser und Lipiden erklären. 60 Prozent dieser Fette sind Ceramide, die man flapsig gerne als 'Zellkitt' bezeichnet, weil er die Zellzwischenräume auskleidet und damit eine intakte Zellreihe aufbaut − ähnlich einer Mauer, deren Ziegel von Mörtel zusammengehalten werden.
Ist diese Mauer optimal mit Fetten und Ceramiden versorgt, kann mehr Feuchtigkeit gespeichert werden. Eine gestörte Funktion hingegen kann inflammatorische Reaktionen hervorrufen, die sich äußerlich in Akneschüben oder Rötungen zeigen. Das liegt daran, dass die feuchtigkeitsarme Haut Notsignale an die Talgdrüsen schickt, damit sie mehr Serum produzieren. Der überschüssige Talg sammelt sich in der Haartalgdrüseneinheit (pilosebaceous unit), die aus Haarfollikel und Talgdrüse besteht. Über den Drüsenausgang am Haarschaft gelangt das Serum an die Oberfläche verursacht dort die Unreinheiten. Auch Rötungen sind auf Trockenheit der Haut zurückzuführen, weil sich bei einer Dehydrierung die Kapillargefäße weiten.

Feuchtigkeitspflege: Hilfe von außen

Es beginnt bei der Ernährung. Kein Wunder, dass Wasser ganz oben auf der Anti-Trockenheits-Kampagne für die Haut stehen sollte. Und dann natürlich eine ausgewogene Dosis an essentiellen Fettsäuren wie fetter Fisch, Avocados, Nüsse, Samen. Warum gerade diese Mischung? Unsere Haut ist hydrophil und lipophil zugleich. Sie braucht also beides, um ihr Feuchtigkeitslevel hoch zu halten.
Ist die Haut bereits angegriffen, heißt das für die Pflege, Hände weg von aggressiven Substanzen. Keine Überdosis von fruchtsäurehaltigen Produkten. Besser als diese AHAs sind die wesentlich milderen PHAs (Polyhydroxy Acids). Aufgrund ihres höheren Molekulargewichts wirken sie zwar ebenfalls exfolierend, aber nicht irritierend und sie reduzieren Entzündungen. Außerdem sind sie Feuchthaltemittel und Antioxidans zugleich.

Feuchtigkeitspflege: Die Bösen

Um die Balance zwischen Aktiv- und Schutzstoffen zu finden, ist es wichtig, auf die einzelnen Substanzen in seinen Pflege-Produkten zu achten. „Es klingt vielleicht verrückt, aber Hautpflegeprodukte zählen – mit zu viel Sonnenlicht, einem ungesunden Lebensstil und Stress – zu den wichtigsten Verursachern von Hautproblemen“, bestätigt Dr. Jetske Ultee, Forschungsärztin für kosmetische Dermatologie aus Rotterdam.
Viele Kosmetika enthalten reizende Inhaltsstoffe. Alkohol löst zudem die natürlichen Fette in der obersten Hautschicht heraus, obwohl man diese gerade dazu braucht, um zu verhindern, dass Feuchtigkeit verdampft. Sie sagt: „Auch andere reizende Substanzen wie Parfüm können die Barrierefunktion der Haut angreifen. Es gibt selbst kosmetische Inhaltsstoffe, die ‚mit Absicht‘ die oberste Hautschicht zerstören. Wenn aber die Hautbarriere zerstört wird, können Stoffe tiefer eindringen. Das ist praktisch für die Stoffe, die gut für die Haut sind, aber unerwünscht wenn es um solche geht, die man lieber nicht tief in der Haut haben möchte. Da können Sie zum Beispiel an bestimmte Konservierungsmittel denken.“

Feuchtigkeitspflege: Die Guten

Stattdessen sollte man auf Inhaltsstoffe in Kosmetika achten, die die Hautbarriere regenerieren. Dazu zählen: Niacinamid, auch als Vitamin B3 bekannt, fördert die Bildung von Ceramiden und freien Fettsäuren zur Stärkung der Barrierefunktion und Reduzierung des transepidermalen Wasserverlustes. Ceramide, wie sie auch natürlich in der Haut vorkommen, sind ebenfalls feuchtigkeitsbindend und wirken am besten in Kombination mit Cholesterin und den freien Fettsäuren. Cholesterin oder Cholesterol ist ein Ester aus der Gruppe der Lipide, das der Körper zu 75 Prozent selbst produziert. Seinen schlechten Ruf hat es in Folge stark erhöhter Konzentration im Blut, aber zusammen mit Fettsäuren und Ceramiden bildet Cholesterol das Trio der Fette, das zur Wiederherstellung der Schutzfunktion der Haut benötigt wird. Nicht zuletzt betätigt sich ein anderes B-Vitamin, und zwar B5 oder Panthenol, regenerierend und hydratisierend. Diese Inhaltsstoffe bestimmen vorerst auch mein Teint-Menü, bis sich meine Haut wieder normalisiert hat.
Photo Credit: Catwalkpictures
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