Die Berlin Fashion Week: Rückblick & Ausblick
Schon die erste Veranstaltung der Berlin Fashion Week Herbst/Winter 2015/16 war ein Paradebeispiel dafür, dass in Berlin die Uhren anders ticken als in New York, London, Mailand oder Paris.
Die New Yorker Designerin Charlotte Ronson war Gast des Veranstalters IMG und präsentierte am Montagmorgen ihre Sommerkollektion, die bereits im Laden hängt. Eigentlich werden jetzt die Kollektionen für kommenden Winter präsentiert. Dann beginnt die nächste Ordersaison: Die Modehändler bestellen, die Hersteller produzieren und die Presse stellt die Entwürfe vor, die dann etwa ab August verkauft werden. Charlotte Ronson hingegen nutzte die Berlin Fashion Week, um den Verkauf anzukurbeln, sozusagen „Shop the Runway“. Doch wer jetzt ein vorschnelles Fazit zog, hätte besser noch nicht die Koffer packen sollen.
Wenig später folgt das erste Highlight und doch der Schulterschluss mit den internationalen Modezentren: Bei der Zeitmagazin Konferenz Mode & Stil am Montag wurde mit Mario Testino locker geplaudert, ernsthaft über die Zukunft deutscher Mode diskutiert und die Gründung des German Fashion Design Council (GFDC) verkündet.
Während der viertägigen Berlin Fashion Week sah man Kollektionen, die besser noch in der Schublade geblieben wären, und Kuriositäten, die Berlin nicht braucht: Zum Beispiel Anna Ermakova, die 14-jährige Tochter von Boris Becker mit einem gigantischen Pudel bei Riani auf dem Laufsteg. Die Boulevardpresse stürtzt sich darauf und strickt Schlagzeilen daraus, Riani wird so als große Marke wahrgenommen und Marken verkaufen sich nun einmal. Dass es auch anders geht, nämlich leise und stillvoll, hat zum Beispiel der Berliner Modesalon gezeigt. Eine neue Plattform, die „Made in Germany“ als Aushängeschild etablieren möchte. Ein voller Erfolg. Die deutsche Modebranche war begeistert, man lobte die angenehme Stimmung und das tolle Ambiente im Kronprinzenpalais. Designer wie Rene Storck, Tim Labenda, Augustin Teboul oder das Label Haltbar kreieren Mode, die keine lauten Ketten zum Rasseln braucht. Nur: Es reicht nicht, wenn das bloß der „Inner Circle“ der Modeszene weiß.
Lisa Riehl, Redakteurin bei der TM (TextilMitteilungen), bemerkte dazu: „Der Berliner Salon ist ein toller Schritt. Aber die Menschen, die hier sind, unterstützen die deutsche Mode und die Berliner Fashion Week ohnehin. Jetzt wird es Zeit, dass die Kunden diese Mode auch sehen und kaufen, zum Beispiel durch einen „German Corner“ im KaDeWe oder bei Peek & Cloppenburg."
Und am letzten Tag, bei der allerletzten Show platzte dann der Knoten im doppelten Sinne. Bei Marina Hoermanseder ähnelte die Stimmung einem ausgelassenem Familienfest und in der Front Row machte die Neuigkeit die Runde, dass die Messe Bread & Butter im Juli zurückkehrt. Wie passen, dass Vogue-Chefredakteurin Christiane Arp, die sonst einen strengen Knoten trägt, ihr langes Haar offen trug.
GFDC, it’s your turn. Hier ist schon einmal mein "German Corner".
#inberlinwetrust
Wishlist der Berlin Fashion Week
1. Ein Abendkleid von Lala Berlin
2. Lederhose von Dimitri
3. "Fanny pack" von Malaika Raiss
4. Mantel von Dawid Tomaszewski aus der Kollektion "Introspection"
5. Cape von Capara. Die Zwillingsschwestern Vera und Olivera lernten an der Königlichen Akademie der Schönen Künste in Antwerpen und arbeiteten für Dries van Noten, Margiela und Jil Sander (unter Raf Simons)
6. Oversize-Pullover von Perret Schaad.
Außerdem dazu: Das Lächeln von Johanna Perret und Tutia Schaad. Grund zur Freude haben sie auch, denn ihre Kollektion wurden jede Saison konstant zum nächsten Level entwickelt. Well done!
7. Kombination aus Lametta-Strick von dem "Liebling du jour" vieler Berliner Modeleute, Bobby Kolade. Allerdings würde ich den Disco-Suit lieber an Kate Moss und anderen Saint Laurent Rock-Girls sehen.
9. René Storck. Nach der Trennung von seinem Investor und einer Neustrukturierung hat er endlich wieder einen Laden in Frankfurt eröffnet. Seine maskuline Frauenkollektion überzeugt mit unaufgeregter Eleganz und zum ersten Mal auch durch starke Farben.
10: Frauke Gembalies. Da die Designerin keine offizielle Show oder eine Präsentation veranstaltet, habe ich leider keine Bilder, die gezeigt werden dürfen. Abseits des Schauenkalenders empfing sie wenige Gäste bei einer Salon-Veranstaltungen und hat mich mit ihren reduzierten und durchdachten Entwürfen restlos begeistert. Ich kann zumindest versprechen: Bald dürfen wir die Kollektion auf Modepilot vorstellen.
Fotos: Titelbild (Kaviar Gauche/Modepilot), PR, Mercedes-Benz Fashion
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Kommentare
Viel Spass noch auf der FW in Berlin!