Designermode, Kopiervorlagen
Ist einfach kopierbare Designermode noch zeitgemäß?
Kopiervorlagen. Welchen Sinn ergibt es noch, Designermode zweimal im Jahr mit viel Tamtam und hohen Kosten zu präsentieren, wenn die vielversprechendsten Modelle aus den Kollektionen woanders Absatz finden? Bei Zara & Co. hängen sie in den Filialen, noch bevor das Original in der Boutique zu bekommen ist. Und das sehr viel preisgünstiger. Schafft sich die Designermode gerade selbst ab, wenn anstelle aufwendig zu produzierender Mode lieber einfache Kopiervorlagen erstellt werden, die dann auch noch an den teuersten Models der Welt in Szene gesetzt und digital verbreitet werden? Oder nutzen Designer die "fast fashion copies" für ihr Image, locken sie sogar an, damit es heißt: Seht her, das Kleid wurde von Zara sofort übernommen (ergo ein Trend). Zwar wird das Kleid dann kostensparend von Zara und anderen produziert und verkauft, aber die Handtasche und das Parfum kauft man bei der Schöpfermarke.
Immerhin haben Chefdesigner großer Modehäuser alle Möglichkeiten, Kleidungsstücke so zu entwerfen, dass sie sich nicht so leicht nachahmen lassen. Jeder zusätzliche Produktionsschritt macht eine günstigere Variante des Designs kompliziert bis nicht machbar: unterschiedlichste Stoffqualitäten miteinander zu vernähen, Stickereien und ein drapierter Rockteil – für 79 Euro lässt sich so etwas nicht anbieten.
Nutzen Designer ihre Differenzierungsmöglichkeiten?
Der Minimalismus, der sich in der Modewelt gefestigt hat, führte zu weniger Produktionsschritten pro Kleidungsstück – begrüßenswert für Anbieter günstiger und schneller Mode. Und damit auch für die Kundin, die im Prinzip nur noch bei COS kaufen muss.
1) Nutzen die Kopien dem Designer? Nehmen sie die Kopierbarkeit ihrer Kleider absichtlich in Kauf? Es ist ja auch ein Kompliment, kopiert zu werden. Und die Entwürfe werden durch die vielen Abbildungen und Gegenüberstellungen im Internet und als Nachahmungen in Onlineshops erst so richtig bekannt. Am Ende kauft auch die Dior-Kundin lieber ein viel besprochenes Kleid, das zum Trendteil ausgerufen wurde. Und! Käufer von Kopien nähern sich – zumindest laut einer Studie zum Thema "Fälschungen" – der Schöpfermarke als potentieller Kunde an, was sie sonst möglicherweise nicht getan hätten.
2) Welche Kundin bedient der Modeschöpfer? Haben die Kundinnen überhaupt das Bedürfnis nach ausgeklügelten Entwürfen und erlesenen Materialien? Wenn man sich manche Damen auf der Maximilianstraße und anderen Luxusmeilen ansieht, kommt man ins Zweifeln. Pelz, keine Frage, erkennen und lieben sie. Der wurde jetzt auf den Laufstegen für Herbst/Winter 2015/16 auch wieder rauf und runter gezeigt – sogar als Minikleid (bei Dior). Genau so wie Overknee-Stiefel (gibt es jetzt auch wieder von Roger Vivier – mit dem "Buckle"!). Modejournalisten konnten sie eigentlich schon nicht mehr sehen können, aber die sind ja auch nicht die große Käuferschaft.
Die Luxus-Zielgruppe lässt sich – so scheint es – leichter mit Sex und Status gewinnen als mit Raffinesse. Das ist aber auch praktisch. So gewinnt das Luxushaus gleich doppelt: an der Kundin und an der Einsparung von Produktionsschritten. Mit der Kundin, die geschmackvoll und zeitlos kauft, macht man weniger Umsatz als mit einer, die jede Saison den neuesten Trends folgt.
Und es ist doch auch toll, wenn die Tochter bei Zara einen Rock wählt, den man sich selbst im Original bei Isabel Marant leistet. Diese parallel existierenden Röcke machen es erst möglich, sich so richtig jung und bestätigt zu fühlen. Höhö.
Aber, dass man etwas über die Jahre dazugelernt hat, sollte auch eine Botschaft sein, die man als erwachsene Frau mit seinem Kleidungsstil ausdrückt. Von der passenden Rocklänge einmal abgesehen, gehört eine perfekt verarbeitete Bluse zur Grundgarderobe. Je nach gewünschter Körperbetonung (Taille, Schulter) und Mut zur Exzentrik ist das Modell von Andrew Gn für Herbst/Winter 2015/16 ein Leckerbissen...
Die gute Nachricht (im Fashionwonderland ist noch nicht alles verloren): Hermès ist das Unternehmen mit dem größten Umsatzplus. Das französische Modehaus adressiert die qualitätssuchende Luxus-Kundin mit Produkten, die aus den weltweit besten Materialien (brasilianische Maulbeerseide, Leder ohne Mückenstich) in besonders vielen Handarbeitsschritten in Frankreich produziert werden.
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Photo Credit: Catwalkpictures
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