A.F. Vandevorst schlachten ihre Kollektion
Die Kollektionen für Herbst/Winter 2015/16 hängen gerade in den Läden und werden gerade schon reduziert. Für ihre Designer sind sie schon vergessen. Nicht so bei A.F. Vandevorst. Die holten ihre Musterteile für eine Kunstperformance am Wochenende noch einmal hervor.
Über die außergewöhnliche Kollektionspräsentation der beiden A.F.-Designer An Vandevorst (das A.) und Filip Arickx (das F.) in Zusammenarbeit mit dem belgischen Künstler Joris Van de Moortel im März dieses Jahres hatte Barbara berichtet. Mit Untermalung rockiger Live-Musik hatte der Künstler sowohl die Kollektion in dunklen Grauschattierungen als auch die Band und ihre Instrumente mit weißer Farbe besprüht. Filip Arickx und Joris Van de Moortel hatten sich kurz zuvor in der Antwerpener Kunstgalerie Sofie Van de Velde kennengelernt; die Idee für eine Zusammenarbeit war schnell da: Der Modedesigner zeigte Begeisterung für die rotzige Ästhetik der dekonstruktivistischen Werke des Künstlers. Und der Künstler konnte nur staunen über die Arbeit der Designer, die dem festen (und ziemlich zackigen) Rhythmus der Modebranche unterliegt. Immer wieder, zu festgelegten Daten, müssen sie neue Visionen ausspucken.
Der zweite Streich: Slagerij Van de Velde
In Antwerpen fand am Wochenende nun der zweite Teil der Kooperation von A.F. Vandevorst und Joris Van de Moortel statt. „Nach unserer Performance mit Joris in Paris wussten wir gleich, dass das nicht das Ende unserer Zusammenarbeit gewesen sein kann“, erzählt mir Filip. „Die Arbeit von Joris dreht sich um die Dekonstruktion und Neukreation und auch unsere Mode verändert sich ständig, so dass wir der Kooperation in Paris eine neue Dimension geben wollten.“ Dafür wurde die Galerie Sofie Van de Velde kurzerhand in die Slagerij Van de Velde verwandelt – zu deutsch: Schlachter Van de Velde.
Und genau das passierte mit den besprühten Kollektionsteilen und Musikinstrumenten aus der Pariser Präsentation: Sie wurden von Joris Van de Moortel abgeschlachtet. Lautstark zersägt, zerhämmert und zertrümmert. Die einzelnen Teile wurden in Plastikbeuteln arrangiert, die Filip Arickx vakuumierte und An Vandevorst an der Fleisch- bzw. Kunsttheke für 99 Euro das auf 100 Stück limitierte Schlachtwerk verkaufte. Hatte die Präsentation in Paris noch einen klaren Fokus auf die Kollektion, stand hier der künstlerische Akt der Dekonstruktion im Vordergrund. „In Antwerpen konnten wir uns mehr auf das Konzept fokussieren, denn diese Präsentation fand nicht während der Fashion Week statt und hatte keinerlei kommerziellen Wert“, so Filip.
Bis auf die Tatsache, dass die wirklich zahlreichen Besucher der Galerie an diesem Freitagabend die zerhackten Designerkleider tatsächlich kauften. Ich finde es ja immer faszinierend, wie die Belgier ihre Designer aus Antwerpen unterstützen. Nicht des Unterstützens wegen, sondern weil ihnen die Kollektionen – oder in diesem Fall die Kunst – eben einfach gefallen. Darum sah man auch an diesem Abend eine Galerie voller langer schwarzer Mäntel mit Militär-Details und schwarze Stiefel mit roter Kreuz-Stickerei von A.F. Vandevorst. Vor der Schlachttheke schaute man der munteren Zerstörungswut von Joris Van de Moortel fasziniert zu. Sie machte einen Höllenlärm, unter dem man ständig zusammenschreckte. Filip Arickx und An Vandevorst hatten sichtlich Spaß, die übriggebliebenen Fetzen ihrer Kollektion zu vakuumieren und zu verkaufen.
Ist man nicht ein kleines bisschen wehmütig angesichts seiner kaputtgemachten Mode? „Mir hat es kein bisschen das Herz gebrochen, die Teile zerstört zu sehen. Es ist wichtig, nach vorne zu blicken und nur dann zurück, wenn es wirklich notwendig ist“, erklärt Filip gelassen. „Darum haben die Besucher auch 'ein Vakuum' gekauft. Sie wollten an den Abend erinnert werden, an dem sie einem Künstler und zwei Modedesignern dabei zugesehen haben, wie sie ein Stück Zukunft aus der Vergangenheit kreieren.“
Impressionen des modischen Gemetzels
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Photo Credit: Boy Kortekaas
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