Best of Berlin: Nobi Talai
Geschmack und Stil sind in der Mode ebenso subjektiv wie in der Musik. Aber der persönliche Geschmack ist ein schlechtes Urteilskriterium, wenn es um die Relevanz einer Kollektion geht. Es geht nicht um die Frage „Steht mir das?“, sondern um die Einschätzung, ob es eine Kollektion schafft, Emotionen zu wecken, und ob sie eine klare Ästhetik hat. Die Mode besteht nämlich nicht nur aus Schnitten, Farben und Materialien, sondern aus einem Gefühl, einer bestimmten Ästhetik, die uns einleuchtet und etwas in uns weckt.
Es gibt aber auch immer wieder Kollektionen und Schauen, bei denen sich ausnahmsweise alle darüber einig sind, dass sie gerade eine besondere Show gesehen haben.
Vor einigen Jahren war das zum Beispiel so bei „Plato's Atlantis“, der allerletzten Kollektion von Alexander McQueen. Oder aktuell bei der Neuerfindung von Gucci durch Alessandro Michele.
So eine Einigkeit ist selten. Vor allem auf der Berliner Modewoche. Da hört man meistens unisono das Fazit: „Es braucht noch Zeit.“ Nicht so bei Nobi Talai.
Berlin Fashion Week: Nobi Talai
Schon mit ihrer puristischen Debüt-Kollektion „NT.01“ landete Nobi Talai einen Volltreffer. Die Kritiken waren ausnahmslos euphorisch. Gemeinsam mit Marina Hoermanseder gehört sie zu den ersten Mentees des German Fashion Council, der junge Designer mit Workshops und Sponsoren unterstützt. Vielleicht sagte hier auch keiner der Gäste „Es braucht noch Zeit“, weil sich die Kreative ihre genommen hat. Nobi Tailai hat 2003 an der Modeschule Esmod abgeschlossen und arbeitete zunächst im Interior Design. Genug Zeit, um zu reifen.
Mit „Moderne Nomaden“ umschreibt sie ihren Stil. Das heißt: moderne, schnörkellose Silhouetten, aber geprägt von der traditionellen Kleidung aus dem Iran. Talai, die eigentlich Nobieh Talaei heißt, wurde 1978 in Teheran geboren. Mit elf Jahren zog sie mit ihren Eltern nach Berlin. Ihre Capes, Westen und Kleider in Sand-Tönen sind drapiert und werden von Gürteln, Knoten und Bändern gehalten. Verschlüsse gibt es nicht. So hat jeder Look eine gewisse Leichtigkeit und wirkt im Fluss. Das ist nicht nur schön, sondern auch ziemlich figurfreundlich: Ein paar Kilo mehr oder weniger, Schlaufe enger, Schlaufe weiter – kein Problem. Die Stücke sind „zeitlose Favoriten, die ihre Besitzer für viele Saison begleiten sollen“, steht im Pressetext. Und damit trifft sie einen Nerv. Denn gerade ist jeder auf der Suche nach Entschleunigung – erst recht in der Mode.
Am Ende geht es dann doch wieder um die Frage: „Will man das tragen?" Ja, will man. Und darum hat Mario Eimuth, Inhaber von Stylebop, auch bei Nobi Talai eingekauft. Ab Februar ist ihre Kollektion in einem der größten deutschen Online-Shops für Luxusmode erhältlich. Für viele Nachwuchsdesigner ist oft die größte Hürde, überhaupt in namhaften Boutiquen verkauft zu werden.
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