Dadcore – What's next?

Die beiden Jungs sind nicht irgendwelche nerdigen Parkgänger. Sie sind Besucher der Issey Miyake Herren-Modenschau in Paris. Beide tragen das, was unsere Väter richtig schlimm finden, weil deren Väter, bzw. deren Generation das trug: Brillenband, Schiebermütze, Herrenhandtasche. Es ist gerade der heißeste Schg*** für Hipster. So ist das in der Mode: Immer eine Generation überspringend und trotzdem überraschend. Der Trend entwickelt sich aus Normcora heraus und nennt sich 'Dadcore'. Was kommt danach?
Dadcore Modepilot What's next
Developed Dadcore: Street Style bei der Herrenmodewoche in Paris vor einem Monat
„Dadcore” setzt sich aus „Dad” (engl. = Vater) und „Hardcore” zusammen. Der Stil folgt auf den „Normcore”-Trend und beschreibt im Prinzip den Rentner in Florida mit seinen Gummizughosen und Brusttaschen – eben allem, was bequem und praktisch ist. In Sachen 'Sexyness' muss hier keiner mehr irgendjemandem etwas beweisen und genau diese Lässigkeit wirkt anziehend auf die modischen Neudenker und Mitläufer.

Was gehört noch zum Dadcore-Modetrend?

Die dicksohligen „Dadsneaker”, die einst dem Senior so gut Halt gaben, und heute gern von jungen Frauen und Männern getragen werden, sieht man hier auf der Pariser Modewoche, wo die Herrenmode für den Sommer 2020 gezeigt wird, seltener als aktuell in Salzburg oder Stuttgart. Aber die hoch gezogenen Socken zur kurzen Hose bleiben (Trendinterview zum Trend von 2016 >>>). Man sah sie bei Acne, Off-White und Thom Browne auf dem Laufsteg, den progressiveren Herrenmodemarken.
 
Die Bauchtasche (heute: „Fanny Pack”) hat sich seit den 1990ern von der Leiste zur Brust hoch modernisiert. Das geschah 2016. Kurz zuvor schrieben wir alle noch vom lockeren Hüftsitz à la 1990er, doch das war dann doch zu wenig neu. Mit der Pre Fall Collection 2016 von Alexander Wang kam dann die neue Tragevariante: über die Schulter oder quer über die Brust. Weshalb man den Fanny Pack, der mit dem Modell von Supreme in 2017 noch mal Fahrt aufgenommen hat, auch nicht mehr Bauchtasche oder „Hipbag” nennen kann.
 

Dadcore: Was kommt da noch?

Das kurzärmelige Hemd mit Brusttasche? Längst da (z.B. von Prada)! Fehlt nur noch, dass man sich da ein kleines Notizheftchen hinterlegt und einen Kugelschreiber feststeckt. Ansonsten ist der Trend schon recht ausgereizt, bzw. der Kleiderschrank des Rentners geplündert: Brustbeutel, Fischermütze, Trekkingsandalen, Hosenträger, Brillenkette, Herrenhandtasche, hoch sitzende und weit geschnittene Hosen – selbst Chinos und Jeanshosen fallen jetzt so weit und weich, dass man sie mit Jogginghosen verwechseln könnte.
 

What's next?

Dem allgemeinen Modegefühl folgend, guter Stil ist viel zu leise, macht sich ein anderes 90er-Jahre-Relikt auf zu neuem Ruhm: die sportliche Sonnenbrille mit einem großen Glas, das quer über beide Augen und die Nasenwurzel reicht. Sie stammt ursprünglich aus dem Militär. Aus einer Überproduktion machte die Firma Pit Viper damals die ersten Modelle straßentauglich.
Jetzt kommen diese funktionellen Sonnenbrillen natürlich besonders gut zu Fischermütze und kurzärmeligem Hemd mit Brusttasche –siehe auch vorvorletzten Street Style in der Fotogalerie.
Nachtrag: Zwei Tage später lancierte Prada auf Ssense.com solche 'Shield'-Sonnenbrillen für die Herbst/Wintersaison 2019.
Ssense Prada Shield style Modepilot
'Shield-Style' von Prada für Herbst/Winter 2019, über Ssense.com
Photo Credit: Catwalkpictures
Modepilot ist Deutschlands erster Modeblog. Mit seiner Gründung in 2007 war und ist er Vorreiter der unabhängigen Mode-Berichterstattung. Noch heute wird die Seite leidenschaftlich von Mitgründerin Kathrin Bierling geführt. Sie ist eine ausgebildete und erfahrene Journalistin, die zunächst bei der Financial Times lernte und arbeitete und dann einige Jahre bei der WirtschaftsWoche beschäftigt war, bevor sie die Seiten Harpersbazaar.de, Elle.de und InStyle.de verantwortete. An Modepilot liebt sie, dass sie die Seite immer wieder neu erfinden muss, um am Puls der Zeit zu bleiben. Worin sie und ihre Autoren sich stets treu bleiben: Den Leser ernst nehmen, nicht sich selbst.

Kommentare

  • Modepilot Fan sagt:

    Sehr interessantes Thema.

    Toller Artikel, liebe Kathrin.??


  • Markus sagt:

    Coole Fotos! An die neue Sonnenbrille muss ich mich allerdings noch gewöhnen. Lg, Markus
  • vivien_noir sagt:

    Hmm… nein. Jein? Nein. Nein, das finde ich nicht stilvoll. Da verweigere ich mich total - das mag ich ganz einfach nicht!