Sonntagskolumne: Die perfekte Beziehung

Mit den Jahren und im Laufe von Beziehungen stellen wir immer mehr fest, dass die Frage nach dem, wer wir sein möchten, zunehmend belangloser wird. Denn wir haben uns gefunden. Glauben wir. Bis wir uns irgendwann den Kritiken von außen stellen müssen. Bei Beziehungen sind es die Freunde, die die Wahrheit aussprechen. Bei Kollektionen die Presse. Ob ein Designer die richtige Wahl war, sehen wir erst bei den Modenschauen. Entweder erscheinen sie in neuem Glanz oder die Kernessenz dessen, was ein Modehaus mal ausgemacht hat, fällt in den Schlaf von Märchen und Mythen. Was es somit braucht, ist ein Jemand, der gar keine großen Erklärungen benötigt, sondern all jenes zu Tage bringt, was wir einst so liebten.
So geschah es, dass ich mich im Jahr 2008 in einer Beziehung mit einem Geschäftsführer einer großen Bank befand. Er besaß ein großzügiges, architektonisch wertvolles Appartement über den Dächern Frankfurts, fuhr einen weißen und rot lackierten Porsche, hatte zwei Personal Trainer und gehörte zu der Rubrik "eine Rolex ist eine gute Investition". So sehr er mich auch auf Reisen einlud, so bezahlte ich mir aus reinem Prinzip heraus alles selbst. Irgendwann stellte ich jedoch fest, dass nicht nur meine Person, sondern auch mein Konto auf das Kleinste geschrumpft war. Es brauchte somit 6 Monate, um zur Selbsterkenntnis zu gelangen, dass weder ich, noch meine Welt aus Dries & Co zur offensichtlichen Statement-Ware aus Burberry-Karomuster passten. Ich verließ seine Welt und näherte mich wieder meiner aus Laptop, Yves und Filterkaffee in einer kleinen 30 qm Wohnung am Stadtrand.
Kenzo Ready to Wear Fall Winter 2012/2013
Kenzo beendete ebenfalls seine Beziehung mit Designer Antonio Marras und holte sich 2011 das Designerduo Humberto Leon und Carol Lim ins Haus. Die Früchte dieser Beziehung zeichnen sich nun nach den ersten Saisons deutlich ab. Der Hype um den Tiger-Pulli zeigte, dass es die richtige Entscheidung war, so erfolgreich wie auch Marras gewesen sein mag.
Dass eine Beziehung jedoch nicht immer auf Anhieb funktionieren muss, zeigt uns Valentino. Es benötigte 5 Jahre harte Beziehungsarbeit, um nach der Scheidung mit Gründer Valentino Garavani in 2008, in Maria Grazia Chiuri und Pier Paolo Piccioli die richtigen Nachfolger gefunden zu haben. Auch wenn die im Januar diesen Jahres präsentierte Couture Kollektion vielleicht schon jetzt als Höhepunkt dieser Beziehung bezeichnet werden kann, so lässt sich wohl kaum sagen, zu was alles eine gute Beziehung im Stande ist.
Valentino Spring Couture 2013
Ich kann es nicht sagen, denn meine Beziehungen hatten schon nach 3 Monaten ihren Höhepunkt erreicht. Die meiner Eltern allerdings funktioniert seit 36 Jahren. Wer glaubt, dass es in all den Jahren leicht war, der irrt sich. Leicht ist es niemals. Eine Beziehung bedeutet an sich zu arbeiten. Chanel und Lagerfeld tuen dies seit nun mehr 30 Jahren. Er verstand Chanel. Und andersrum genauso.
Chanel Spring Couture 2013
Es mag sein, dass ich mich nicht mehr frage, wer ich mal sein möchte, aber immerhin weiß ich, dass zu meiner perfekten Beziehung weder Statement-Ware noch Alternativ-Looks gehören. Ungeklärt ist nur, wer derjenige sein wird, der dieselbe Sprache spricht wie ich.
Was wohl Versace über seine Beziehung mit Giannis Schwester Donatella denkt?
Versace Ready to Wear Fall Winter 2013/2014
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Modepilot ist Deutschlands erster Modeblog. Mit seiner Gründung in 2007 war und ist er Vorreiter der unabhängigen Mode-Berichterstattung. Noch heute wird die Seite leidenschaftlich von Mitgründerin Kathrin Bierling geführt. Sie ist eine ausgebildete und erfahrene Journalistin, die zunächst bei der Financial Times lernte und arbeitete und dann einige Jahre bei der WirtschaftsWoche beschäftigt war, bevor sie die Seiten Harpersbazaar.de, Elle.de und InStyle.de verantwortete. An Modepilot liebt sie, dass sie die Seite immer wieder neu erfinden muss, um am Puls der Zeit zu bleiben. Worin sie und ihre Autoren sich stets treu bleiben: Den Leser ernst nehmen, nicht sich selbst.

Kommentare

  • Ro sagt:

    Ach Jerome, auch wenn es sich kitschig anhört: Du scheinst wundervoll zu sein und sprichst mir aus dem Herzen.
  • Niklas sagt:

    Dein Text hat mich ganz ernsthaft darin bestätigt, Mode zu studieren. Aber es ist wichtig, dabei aufzupassen, mich nicht selbst zu verlieren, indem ich - in welchen Belangen auch immer - mich in eine Rolle zwingen lasse. Mir gefällt die leichte Melancholie, die du in deinen Beiträgen hast, passt perfekt zu meiner jugendlichen Identitätskrise.

    Du verdienst auch eine Zeichnung, genau wie unsere drei geliebten Ladies, Jerome.


  • Corinna sagt:

    Ach Jerome, da bin ich doch gleich wieder ein bisschen verliebt!
  • Jérôme sagt:

    Niklas, unbedingt studieren. Drücke Dir die Daumen!
    Corinna, hoffe, wir sehen uns bald mal in Minga. Demnächst fahr ich nach HH. Zwischenstop in Hannover!?
  • Maike sagt:

    sehr süss! Gut geschrieben! Weiter so!
  • Corinna sagt:

    Jérôme, du bist jederzeit willkommen! Das weißt du doch..