Billigmode – zu welchem Preis?
Modepilot proudly presents: Julia Arndt, 16 Jahre alt. Die Schülerin besucht in Stegen die 10. Klasse und schrieb uns am 20. Januar 2015 eine e-Mail mit der Betreffzeile: "Reportage Kleidungskonsum." Sie fragte, ob wir ihre Arbeit über Billigmode, die sie im Rahmen ihres Deutsch-Unterrichtes verfasste, auf Modepilot veröffentlichen möchten. Wir möchten, denn wir sind beeindruckt von ihrem Interesse und dieser gelungenen Reportage. Auf Nachfrage verriet sie uns, dass sie die Note "sehr gut" dafür erhielt.
Billig – zu welchem Preis?
„Plötzlich stürzte das Gebäude in sich zusammen und etwas fiel mir auf den Kopf.“ Die 19-jährige Reshma Begum sitzt zusammengesunken in ihrem Rollstuhl, als sie dies erzählt. Sie sieht erschöpft aus, ihre Augen sind auf den Boden gerichtet, wobei das Erzählen einem Murmeln gleicht. „Nach einiger Zeit kam ich wieder zu mir. Es war stockdunkel und ich konnte nichts sehen. Da war ein Mann neben mir, der sagte ´Schwester rette mich!´ und ich sagte ´Wie kann ich dich retten, ich sterbe doch auch.´“ In dem Moment, in dem sie von den vielen Menschen berichtet, die direkt neben ihr gestorben sind, verzieht sich ihr Gesicht schmerzvoll. Ihre Begleiterin, eine Frau im schneeweißen Kleid, die dicht bei ihr steht, legt Reshma die Hände auf die Schultern. Wie Sie onlinw Casino und Casino-Spiel wissen, wie und Roulette und Spielautomaten slotmachine.de sind rund um Mode, wenn Sie slotmachien Online und Roulette kostenlos und macht Spaß zu spielen online.
Die Rede ist von dem Einsturz einer Textilfabrik in Bangladesch im April 2013. Neun Stockwerke. 1127 Tote. Produziert wurde dort vor allem für den europäischen Markt, für Unternehmen wie KiK. Reshma Begum gehört zu einer der wenigen Überlebenden. Sie wurde nach 17 Tagen aus einem Hohlraum im Keller des Hochhauses befreit, ernährt hat sie sich nur von vier Keksen und etwas Wasser. Durch diese Tragödie wurden Protest und Empörung laut, die aus aller Munde schallte. Aber können wir denn etwas anderes erwarten, wenn wir bei H&M T-Shirts für 5,99 Euro kaufen?
Der Kleidungskonsum der Deutschen hat heute einen Höchststand erreicht: Im Durchschnitt besitzt 2014 jeder Bürger viermal so viel Kleidung wie noch im Jahre 1980. Davon werden etwa 90% in Ländern wie Bangladesch, Korea oder China hergestellt. Früher war „Made in Germany“ noch weiter verbreitet, aber seit vor mehr als 30 Jahren strenge Umweltschutzauflagen, zum Beispiel Regelungen zur Abwasserfilterung bei der Textilproduktion, eingeführt wurden, verlagerte sich die Produktion immer weiter aus Deutschland heraus. In Billiglohnländern bestehen entweder keine Reglungen dergleichen, oder sie werden nicht kontrolliert.
Der Chemikalieneinsatz schädigt am meisten
Dort wird das Ökosystem nachhaltig geschädigt. Dass ungefiltertes Abwasser in die nahegelegenen Flüsse und Bäche geleitet wird, wäre in Deutschland unvorstellbar, in den meisten Billiglohnländern aber Realität. „Am schwerwiegendsten für die Umwelt ist der Chemikalieneinsatz bei der Textilproduktion“, sagt Dr. Jenny Teufel vom Ökoinstitut Freiburg. Der Forschungsschwerpunkt der Biologin liegt auf dem nachhaltigen Konsum. Beispiel Jeanshose: Bei der Jeans-Herstellung wird mit vielen Chemikalien gearbeitet, vor allem beim Färben und bei der weiteren Bearbeitung, in der Fachsprache Veredeln genannt. Diese Giftstoffe gelangen durch das Abwasser in Flüsse und Meere und somit in die Böden, die an die betroffenen Gewässer angrenzen. Die Flüsse sterben ab, Schadensträger sind Pflanzen und Tiere.
Jedoch kommen auch die Arbeiter bei der Jeansherstellung nicht unbeschadet davon. Der ständige Kontakt mit den Giftstoffen macht sie krank. Da sie weder Handschuhe noch Mundschutz tragen, sind sie dem indigoblauen Textilstaub vollkommen ausgeliefert, der bei der Veredlung entsteht. Zu den physischen Belastungen kommen bei all den Textilarbeitern auch noch psychische: Billiglöhne, die das Überleben fast nicht sichern können. Die Frauen, die früher noch froh waren, sich nebenbei ein geringes Ersparnis beiseitelegen zu können, haben jetzt keine finanzielle Sicherheit mehr. Die Lebenshaltungskosten sind gestiegen, besonders für die Nahrung. Sie müssen dem Druck durch den Arbeitgeber standhalten, der durch die Reihen geht und die Näherinnen wieder und wieder dazu anstachelt schneller zu arbeiten. Im Hintergrund der Lärm der ratternden Nähmaschinen. Die Frauen müssen arbeiten wie Roboter, 60-Stunden-Wochen sind keine Seltenheit. Und dabei immer der gleiche Reißverschluss, der angenäht werden muss.
Die Jeans hat einen langen Weg hinter sich, wenn sie schließlich in unseren Läden landet. Rund 50.000 km, mehr als einmal um die Welt. Sie sieht harmlos aus, wie sie in unseren Läden hängt. Dabei steht sie für einen extrem hohen Wasserverbrauch, nämlich rund 25.000 Liter Wasser für ein Kilogramm spinnfähige Baumwolle, für Erdölverbrauch und Luftverschmutzung.
Aber was ist der Grund des üppigen Kleidungskonsums der westlichen Gesellschaft? Vielleicht die Schnelllebigkeit der heutigen Mode? Was gestern noch In war, ist heute schon wieder Out. Wer bei diesem rasanten Vorüberziehen der Modetrends mithalten will, der kauft, kauft und kauft. Der günstige Verkauf der Textilien von Seiten großer Billigketten ermöglicht es den Verbrauchern eben auch sich einen gefüllten Kleiderschrank zu leisten. Es ist also ein Teufelskreis, der sich zwischen Unternehmen und Verbrauchern abspielt.
Tragöden wie der Einsturz der Textilfabrik in Bangladesch und die steigende Medienpräsenz im Bereich der Textilherstellung rütteln langsam die Bevölkerung wach. Auch Dr. Jenny Teufel formuliert vorsichtig die Tendenz, dass die Bevölkerung vor einem Wandel in Sachen Kleidungskonsum stehen könnte. Ansätze dazu findet man beispielsweise bei öffentlichen Beschaffungsprozessen, die teilweise bereits auf sozial sowie ökologisch nachhaltige Güter ausgerichtet werden.
Markenkleidung ist keine Alternative zu fair produzierter Kleidung
Weltverbesserer, die der Textilindustrie kritisch entgegenstehen, sollten beim Textilkauf weniger auf Marken, als auf Textilsiegel achten. Denn die sogenannte Markenqualität unterscheidet sich in der Regel bei Arbeitsbedingungen und Umweltschutz nicht wesentlich von billig produzierten Textilien. Siegel jedoch sind eine vertrauenswürdige Informationsquelle. Einziges Manko ist die momentan noch recht geringe Anzahl an Textilsiegeln, die gleichzeitig auf Sozial- und Umweltstandards achten. Doch die Ökobranche wächst und schon jetzt ist das Kleidungssortiment im Baby- und Erwachsenenbereich breit gefächert. Eine Marktlücke jedoch sehen viele Verbraucher im Bereich von ökologischer Jugendmode. Ökologisch produzierte, hochpreisige Kleidung ist im Gegensatz zur schnelllebigen Jugendmode meist in zeitlosem Design gehalten um auch über längere Zeit tragbar zu sein. Durch die dadurch bedingt geringe Nachfrage ist der Markt von ökologisch produzierter Jugendmode nur schlecht bestückt.
Das Ziel der Ökobranche ist es, den Kleidungskonsum mit langlebigen Produkten zu verringern und Kleidung fair zu produzieren. Und um faire Kleidungsproduktion zu fördern braucht es Konsumenten, die bereit sind, höhere Preise zu bezahlen. Für die westliche Bevölkerung würde ein höherer Textilpreis vergleichsweise wenig bedeuten, für die Textilarbeiter kann eine faire Bezahlung das Leben grundlegend verändern.
Die Folgen des üppigen Kleidungskonsums sind nicht mehr zu leugnen. Schon heute sind viele Bauern in Gegenden mit Textilproduktion arbeitslos. Ihre Felder bringen keine Ernte mehr ein, da der Boden vom chemikalienhaltigen Abwasser der Fabriken verseucht wurde. Ohne eine Veränderung wird das westliche Konsumverhalten weitere Menschenleben kosten. Die Tragödie um den Einsturz der Textilfabrik in Bangladesch bleibt hoffentlich die einzige.
Foto: Julia Arndt
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Kommentare
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Wir versuchen auf unserem blog auch mehr auf dieses Thema aufmerksam zu machen und gucken wie es sich in der Praxis umsetzen lässt.
Leider haben Verkäuferinnen in diversen Läden oft gar keine Ahnung welche Marken welche Siegeln tragen oder ob sie überhaupt Marken führen die in irgendwelchen Foundations sind. Echt traurig!
Ich hoffe, dass auch durch häufige Nachfrage von Kunden die Abteilungsleiter und Store Manager auf diese Problematik aufmerksam werden. Nur einer der vielen Gedanken zum Thema... ^^
Liebste Grüße <3
Ökologische Jugendmode ist tatsächlich ein schwieriges Thema. Ich sehe immer die vielen Mädchen bei H&M oder Primark und würde gerne eine Alternative anbieten. Die ist aber viel teurer, da wir in Deutschland und mit Bio-Garnen produzieren - und kann nie so modisch sein wie diese Billigware, weil wir auf klassische Designs setzen, genau wie du es beschreibst. Ich glaube einfach nicht, dass die Mädels das kaufen würden, wenn bei einem High Street Label ein extrem modisches Teil im Fenster hängt, das sie sich von ihrem Taschengeld leisten können.
Momentan produzieren wir für Kinder bis 12 Jahre - und die 10-12jährigen mögen unsere Sachen auch. Aber an die Jugendlichen haben wir uns - ganz bewusst - noch nicht herangetraut...