Aesop - die perfekte Illusion
Bei Instagram liegt gefühlt auf jedem zweiten Bild ein braunes Fläschchen gar achtlos auf einem Mamortablett , in London hängt in jedem hippen Restaurant der XL-Seifenspender von Aesop neben dem Waschbecken und das 1987 von dem Friseur Dennis Paphitis in Austalien gegründete Label verzeichnet inzwischen über 100 Läden und Verkaufspunkte.
Zeit, sich den Hype einmal genauer anzusehen.
1. Ist Aseop „bio“ oder "organic"?
Nein. Die Aesop Produktpalette ist nicht ausschließlich organisch oder natürlich, aber das hat Aesop auch nie behauptet. Die Rezepturen bestehen aus einer Kombination von pflanzlichen und synthetischen Inhaltsstoffen.
Im Wortlaut: "Während manche unserer Rezepturen biologisch gewonnene pflanzliche Inhaltsstoffe enthalten, weisen sie in der Regel auch Stoffe von Pflanzen auf, die von Landwirten mit nicht biologischen Methoden angebaut wurden. Ebenso viele unserer Rezepturen enthalten auch Inhaltsstoffe, die von Aesop Chemikern in unserem Zentrallabor hergestellt wurden. (...). Wir erkennen die Vorteile biologischen und biodynamischen Anbaus für das Land und für unsere Gesundheit an, doch wir haben auch eine praktische Einstellung in der Frage, wie realistisch es für uns wäre, nur biologische Inhaltsstoffe zu verwenden. Manchmal sind diese nicht erhältlich, manchmal ist ein bestimmter Inhaltsstoff nicht in der gewünschen Menge verfügbar, und manchmal wäre auch der Lufttransport für den Import solcher Stoffe aus der Ferne ökologisch wenig sinnvoll."
Eine vernünftige, nachvollziehbare Aussage.
2. Woraus besteht die Verpackung?
Laut Hersteller verwendet Aesop „möglichst recyclingfähiges Glas, Kunststoff und Pappkarton, sofern die Stabilität und Integrität unserer Produkte nicht beeinträchtigt wird.“
Nun ja. Von stabil kann nicht die Rede sein (siehe dazu mein Testbericht über den Aesop Nurturing Conditioner). Interessant ist hier die Formulierung „möglichst“ recyclebar. Wer sich die Mühe macht und weiterliest, der erfährt:
„Aus hygienischen und logistischen Gründen können wir die Behälter von Aesop-Produkten nicht wieder auffüllen oder recyceln. Wir empfehlen Ihnen, zu Hause eine Verwendung für die leeren Behälter Ihrer Produkte von Aesop zu finden.“
3. Verzichtet Aesop auf Tierversuche?
Aseop verzichtet völlig auf Tierversuche, Irritationstests werden dafür an Freiwilligen (Menschen) durchgeführt.
4. Verzichtet Aesop auf Palmöl?
Nein. Palmöl ist weltweit ein wesentlicher Lieferant für pflanzliches Öl, auch für rund jedes zweite Produkt in deinem Supermarkt (Schokolade, Waschmittel) und ebenso für Aseop-Produkte. Für die Palmöl-Produktion werden stündlich fußballfeldgroße Regenwaldflächen abgeholzt – was das für die Bevölkerung und Tierarten, wie niedliche Zwergelefanten, bedeutet, muss ich ja nicht näher erklären. Palmöl darf sich daher bei Lebensmitteln nicht mehr hinter der harmlosen Verwendung „Pflanzenfett“ verstecken, bei Kosmetik hingegen schon.
Bevor jetzt Panik ausbricht und ich verklagt werde: Aesop greift auf nachhaltig produziertes Palmöl zurück – sofern nachhaltig in diesem Zusammenhang überhaupt möglich ist, denn die Zertifizierung ist umstritten* Im Wortlaut: “Wir nehmen die Bedenken gegen die Verwendung von Palmöl und aus Palmöl gewonnener Substanzen ernst. Aesop verwendet gegenwärtig Natriumpalmat und Natriumpalmkernelat für unsere Festseifen und hydrierte Palmglyceride in unserer Sage & Zinc Facial Hydrating Cream. Diese Inhaltsstoffe werden aus Palmöl gewonnen und stammen von Zuliefern, die von der RSPO (Rondtable on Sustainable Palm Oil) zertifiziert sind. Die RSPO ist eine international anerkannte Nonprofit-Organisation, die 2004 gegründet wurde, um den Anbau von Palmen und die Nutzung nachhaltiger Palmölprodukte durch die Schaffung internationaler Standards und Überwachung ihrer Einhaltung zu fördern. „
Laut Zentrale der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ist es "unmöglich", das Öl vollständig durch andere Produkte zu ersetzen. Bei Pflegeprodukten hingegen ist es möglich, wie zum Beispiel bei Dr.Hauschka.
5. Enthalten Aesop-Produkte Parabene?
Nein
6. Enthalten Aesop-Produkte Sulfate und was ist das überhaupt?
Ja, in Körperreinigungsmitteln und Shampoos.
Sulfate sind Reinigungsstoffe, die in fast allen reinigenden Kosmetikprodukten enthalten sind (Waschgel, Shampo, Zahnpasta etc). Sodium Lauryl Sulfat (SLS) ist eines der am häufigsten verwendeten Sulfate und gilt als aggressiv und belastend. Das heißt: Sie können Hautirritationen hervorrufen und trocknen aus. Aesop verwendet das mildere Tensid Sodium Laureth Sulfat (SleS).
Beide Substanzen werden als krebserregend verteufelt, wissenschaftliche Belege gibt es dafür keine, auch wenn manche Kosmetikhersteller das gerne als Verkaufsargument anführen.
Merke: Wenn ihr sichergehen wollt: Produkte mit SLS als auch SLES und der häufigen Alternative PEG (Polyethylenglykol) meiden. Das ist (fast) unmöglich, außer man verwendet Babyshampoo.
Wo kann ich herausfinden, welche Inhaltsstoffe meine Kosmetik enthält? Zum Beispiel bei Code Check
Warum glauben wir überhaupt, dass es sich bei Aesop um Naturkosmetik handelt?
Die Produkte stehen in braunen Apotherkerfläschchen aufgereiht wie im Labor auf Holzregalen vor Kacheln in leicht trübem Gelbgrün. Statt mit inhaltslosen Beauty-Claims zu verwirren, werden Kunden von Mitarbeitern intensiv beraten und mit Pröbchen versorgt. Der Verzicht auf glanzvolles Chichi suggeriert Ehrlichkeit und Echtheit und bedient so die Sehnsucht nach Authentizität. Sie führt auch dazu, dass wir uns statt "Tee" heißes Wasser mit frischer Pfefferminze bestellen. Das ist so sinnvoll wie einen Apfel in heißes Wasser zu schmeißen. Aber: Es riecht so herrlich natürlich, genau wie Aeosp. Die perfekte Täuschung.
Aber genug Zeigefinger. Mein eigenes Konsumverhalten ist keineswegs vorbildlich, oft sogar gedankenlos – aber ich bin mir darüber bewusst. Aesop verzichtet auf Farbstoffe, Mineralöle, Silikone, Parabene und fast ausschließlich auf synthetische Duftstoffe: (Ausnahme: Marrakech Intense Eau de Toilette und Parfum, Rejuvenate Intensive Body Balm ). Außerdem ist Aesop eines der wenigen Unternehmen, das die Inhaltsstoffe für Konsumenten transparent und nachvollziehbar kommuniziert. Das ist großartig.
* Lese-Empfehlung Süddeutsche Zeitung: Palmöl - Rohdung für den Supermarkt
Newsletter
Photo Credit:
Kommentare
hi eva,
danke. bin mal deiner phyto-schleichwerbung nachgegangen. sieht vielversprechend aus und ich teste das jetzt:) oder hat da Isa schon ne kritik im ärmel?;)
liebe grüße
Panama: Enthält Methylchloroisothiazolinone - nicht gut für Allergiker, aber ein Koservierungsstoff ohne den das Shampoo nicht lange halten würde
Neutre: Top! Bis af Palmöl, aber das ist ja wie schon beschrieben eine schwierige Kiste
Liebe Isa,
vielen Dank!! Also ich teste weiter:) Auch in der Anwendung fand ich jetzt das Neutre am besten. Panama ist ultraflüssig, aber angenehm zurückhaltend im Duft und Progenium muss ich noch checken, zu müde beim Shamponieren gewesen. Dazu hast Du auch noch nichts gesagt...
Ansonsten gilt weiter die Devise Abwechslung. Und dabei versuche ich den größten Schrott oder das teuerste nur ausnahmsweise mal zu benutzen:)
chabchop
danke dir!
Das sind Nanoteilchen die ebenfalls recht umstritten sind und oft bei Sonnencreme enthalten sind: Man vermutet, dass Manchesie bei versehentlichem versehentlichem Einatmen Schäden in der Lunge verursachen -nachgewiesen ist das aber nicht, soweit ich weiß. Bei Aesop in den Produkten Sage & Zinc Facial Hydrating Cream und Protective Lip Balm SPF30
Liebe Isa,
vielen Dank für diesen objektiven und kritischen Bericht!
In meiner Familie leiden einige unter Problemhaut, deshalb beschäftige ich mich viel mit dem Thema Kosmetik.
Kürzlich habe ich dazu einen Blogbeitrag geschrieben, hier: http://woolcandy.berlin/kosmetik-fuer-kinder-und-erwachsene-mit-empfindlicher-haut/
Alle Produkte sind für Menschen mit empfindlicher Haut sehr gut verträglich und kommen ohne fragwürdige Chemikalien aus. Allerdings nicht ohne Palmöl, bis dahin ist es wohl noch ein weiter Weg...