"German style revolution" – really?

Vogue UK Going Deutsch Modepilot

German Style in der Vogue UK

In der Mai-Ausgabe der britischen Vogue wird auf einer Doppelseite ausgeführt, wie stylish Deutschland geworden ist. Der biedere Kleidungsstil der Deutschen sei lang passé, heißt es dort. Stattdessen seien es "luxed-up labels", wie Adam Lippes, The Row, Balenciaga und Gianvito Rossi, die von Deutschen auf Matchesfashion.com gekauft würden. Schließen sich denn "bieder" und "luxed-up" gegenseitig aus – vor allem, wenn man den auf Qualität achtenden Deutschen in Betracht zieht? Ruth Chapman, Mitbegründerin des britischen Onlineshops, sagt in dem Artikel, dass ihre deutschen Kunden Jahr um Jahr um 50 Prozent zulegen würden. Wow! Wenn die Kundenzahl aus Deutschland bei Matchesfashion.com derart wächst, fragt man sich, wo die Kunden vorher waren, bzw. was Matchesfashion.com unternahm, um auch die deutsche Kundin zu erreichen. Denn die deutsche Kundin war – verhältnismäßig – schon immer aktiver als andere, wenn es ums Designerkleidung-Onlineshoppen ging… Und durch das Internet ist sie modisch informierter: Sie tauschte den Versandhandelskatalog gegen den Onlineshop-Newsletter aus...
Der Yoox Group Marketingchef Maia Guarnaccia sagte mir mal, dass die Deutschen beliebte Kunden bei der Yoox Group (schluckte gerade Net-a-porter) seien, da diese durch ihre jahrzehntelangen Erfahrungen mit dem Versandhandel geübt darin seien, sich Mode nach Hause zu bestellen. Die Retourenquote sei zwar hoch, weil der deutsche Onlineshopper die Hose gleich in 36 und 38 bestellt, aber eine davon behält er dann eben und er hat deutlich weniger Nachfragen beim Service. Auch die Transaktionsabbrüche seien bei uns geringer. Die deutschen Kunden beschrieb er vor einem Jahr, als ich das Interview für Elle.de führte, als Motor für das Europageschäft und zwar von Anfang an. Am liebsten kaufe der deutsche Kunde übrigens die Farbe Braun, auffällig viele Schuhe und das mobile Shopping sei auf der Insel Sylt besonders auffällig.
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Aber zurück zum Artikel in der Vogue UK. Ich freue mich ja, wenn die Deutschen als stylish im Ausland wahrgenommen werden. Hintergrund, warum die Onlineshops auf Deutschland schielen, ist natürlich der, dass es den Deutschen finanziell noch gut geht und Qualität gefragt ist. Die Autorin Laura Weir erwähnt kurz die Firma Bain & Company, die – um ihre Kunden besser beraten zu können – herausgefunden haben will, dass Deutschland auf Platz Sieben unter den Märkten rangiert, wenn es um persönliche Luxusgüter geht. Ansonsten versucht Weir ihre These mit dem in der Mode vorherrschenden Minimalismus zu belegen, den man von Designern wie Jil Sander kennt und leider verwendet sie zur weiteren Untermauerung ihrer steilen These zahlreiche PR-Phrasen. Mytheresa.com-Chefeinkäufer Justin O'Shea: "Deutsche Kundinnen wissen Luxus zu schätzen und geben gern Geld aus." Dass seine Freundin Veronika Heilbrunner "den Kleiderschrank voll mit Miu Miu, Isabel Marant und Victoria Beckham" hat… Oh, really? Oder! Designer Jason Wu, verantwortlich für die Damenmode bei Hugo Boss, wird zitiert mit: "Bauhaus Architektur und eine sehr raue Landschaft inspirieren mich sehr – das alles finde ich in Deutschland."
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Fragt man einmal, wovon die Luxusboutiquen in Deutschland leben, dann antworten die meisten Besitzer: von den Ausländern. Daher finde ich es etwas befremdlich als weiteren Grund für unser Stilbewusstsein die Eröffnung von The Store in Berlin heranzuführen. Immerhin befindet sich dieser im Soho House Hotel, wo Angestellte bekanntlich nur Englisch sprechen. Creative Director des Stores: die Londonerin Alex Eagle. Dass sie da schöne Designer führt, ist selbstredend. Die im Hotel absteigenden Gäste aus den USA und England haben ja auch einen gewissen Anspruch.
Bebildert ist die Doppelseite üppig, aber die einzige Deutsche ist Vroni. Und sie hat das Glück von ihrem australischen Boyfriend Justin O'Shea (Mytheresa.com) eingekleidet zu werden. Drei Runway-Bilder werden gezeigt: Dior, Céline und Jil Sander – habe ich etwas verpasst? Ist bei einer dieser Marken jemand Deutsches am Werk? Und die schöne und immer schön angezogene Leila Yavari von Stylebop.com, mit der ich immer und immer gern Englisch spreche. Sie ist gebürtige Iranerin und in Kalifornien aufgewachsen.
Fotos: abfotografiert aus der Mai-Ausgabe der Vogue UK
Photo Credit:
Modepilot ist Deutschlands erster Modeblog. Mit seiner Gründung in 2007 war und ist er Vorreiter der unabhängigen Mode-Berichterstattung. Noch heute wird die Seite leidenschaftlich von Mitgründerin Kathrin Bierling geführt. Sie ist eine ausgebildete und erfahrene Journalistin, die zunächst bei der Financial Times lernte und arbeitete und dann einige Jahre bei der WirtschaftsWoche beschäftigt war, bevor sie die Seiten Harpersbazaar.de, Elle.de und InStyle.de verantwortete. An Modepilot liebt sie, dass sie die Seite immer wieder neu erfinden muss, um am Puls der Zeit zu bleiben. Worin sie und ihre Autoren sich stets treu bleiben: Den Leser ernst nehmen, nicht sich selbst.

Kommentare

  • Alicia sagt:

    Going Deutsch klingt allein schon super 😀 Sehr schöner Beitrag!
  • Chael sagt:

    Before I left for the USA, I lived in Munich for half a year. Honestly, I didnt see people wearing Adam Lippes, The Row, Balenciaga und Gianvito Rossi. Still many LV bags, Michael Michael Kors stuff and fur coats. Nothing revolutionary.
    • Sabina @Oceanblue Style sagt:

      Yeah well Munich is not very well known for its avangardesque style. 🙂 Sabina | Oceanblue Style
  • Irina sagt:

    Zu schön!! Auf den Punkt!
  • katha sagt:

    NOT really - würde ich sagen. 😉
  • Aus der Sicht der britischen Vogue: Modeland Deutschland ohne die Deutschen | meer, musen meer, musen sagt:

    […] Dabei zeigt keines der Bilder zum Artikel etwas Deutsches. Genau daran stört sich der Blog “Modepilot“. Aber gehört nicht auch alles Nicht-Deutsche in dieses […]
  • Sabina @Oceanblue Style sagt:

    Yikes. Recherche anyone over the Tellerrand maybe? Sabina | Oceanblue Style