Dior Haute Couture: zaghaft bis schön
"Couture?!", war wohl der häufigste Kommentar zu der gestrigen Haute Couture Show von Dior in Paris. Seit dem Weggang des Kreativchefs Raf Simons im vergangenen Oktober, vermissen viele Dior-Fans nun gar dessen Vorgänger John Galliano. Oder sehnen sie sich nach jemandem, der ähnlich risikofreudig, phantasievoll und talentiert ist.
Ja, die Kollektion der zwei Designer Lucie Meier and Serge Ruffieux (Die wir hier schon mal vorstellten >>>> und die wohl noch ein bisschen durchhalten müssen, bis ein neuer Kreativchef – vielleicht Maria Grazia Chiuri von Valentino? – übernimmt), war eine vorsichtige, wenn auch exzellente. Im BoF-Livestream kommentierte ein Facebook-Nutzer "Sandals by Target". Da musste ich spontan lachen.
Haute Couture-Schuhe von Dior – Really?
Man mag sich fragen, warum ausgerechnet ein Haute Couture Haus Schuhe zeigt, die man so oder so ähnlich für unter 10 Euro bei jedem Billiganbieter finden kann (bei Target eben oder im Urlaub an jeder zweiten Ecke). Andererseits finde ich die optische Aussage des Schuhwerks ebenso schön wie überraschend. Und zeitgemäß! Schaue ich mir dieses in Kombination mit den aufwendig geschneiderten Roben an, dann wird mir warm ums Herz: Der Fokus soll auf der Schneiderkunst liegen, nicht auf Effekthascherei. Das ist gerade in Zeiten von Justin O'Shea für Brioni, der gestern als Kretivchef nach der Couture/Gangster-Präsentation in Tanktop und langem Pelzmantel über den Laufsteg lief, eine Wohltat. Für mich zumindest.
Und ich wünsche mir bei Dior auch eine kreative Spitze, die nicht sich selbst ein Denkmal setzt, sondern das Haus Saison für Saison ehrwürdig nach vorne bringt, Schritt für Schritt und mit dem Auge fürs Wesentliche: Es muss der Trägerin gefallen, nicht dem Instagram-Konsumenten. Bin ich jetzt eine von den Alten, die sich den neuen Zeiten nicht anpassen mag? Kann sein.
So oder so haben die beiden Interimsdesigner eine Kollektion gezeigt, die dem Traditionshaus des "New Look" alle Ehre macht und eine ruhige, unaufgeregte Schwarz/Weiß-Palette bietet – eine Grundlage oder Steilvorlage für den neuen Kreativchef. Meinetwegen dürfen Meier und Ruffieux aber auch weitermachen und sich künftig noch etwas mehr trauen. Sie beherrschen die Pflicht und dürfen zur Kür wechseln, zur Haute Kür.
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Photo Credit: Catwalkpictures
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