Cover-ups & -downs
Cover-ups − wieder so ein Wort, das durch Onlineshop-Werbung auf Google eine neue Bedeutung erhält. Dort werden Politiker, die versuchen Kriegsverbrechen zu vertuschen, von kurzen, durchsichtigen Kaftanen für den Strand verdrängt.
Denn 'to cover up' bedeutet nun mal nicht nur etwas zu vertuschen, sondern auch etwas zu bedecken. Und da macht es sich die englische Sprache wieder beneidenswert einfach und nennt Garderobe, die eigens für den Strand über Bikini oder Badeanzug getragen wird, ganz einfach 'Cover ups'.
Beneidenswert sind auch diejenigen, die nach solchen 'Cover-ups' suchen und dann auch noch Verwendung dafür finden. Denn ich kann mir keine Gelegenheit dafür vorstellen, außer auf einem schicken Boot vielleicht.
Cover-ups − so nützlich wie eine Spitzengardine
Dennoch liebäugele ich mit dieser überflüssigen Bademode. Warum mein Blick ausgerechnet an solchen Überziehern, die entweder zu kurz, zu hoch geschlitzt oder zu durchsichtig sind, kleben?
Natürlich sind es Hingucker. Sie sind sexy. Sie sind schön luftig und verkörpern den Sommer, nach dem wir uns so sehr sehnen, wie sonst nur Popos, an denen Sand klebt, oder Fotos von den Malediven.
Special-interest
Aber wie oft kann man so ein Kleidungsstück tatsächlich tragen? Selbst zum Strand oder Pool des Hotels, in dem ich eventuell untergebracht bin, ziehe lieber ein normales Sommerkleid oder Shorts und Shirt an. Auch an der Strandbar sitze ich entweder im Bikini oder im Sommer-Outfit − je nach Strandbar. Aber nicht trage sicherlich nicht etwas, mit dem ich nicht nach Hause oder im Hotel an der Rezeption vorbei gehen möchte. Und beides, Sommerkleid und Shorts-Shirt-Kombo sind genau so schnell übergezogen wie so ein Special interest-Teil. Also ist das schon einmal kein Argument.
Aber vermutlich würde man mit einem gewöhnlichen Sommeroutfit in einem Hotel wie dem Hôtel du Cap-Eden-Roc (>>>) auffallen, oder eben nicht − weiß nicht, was schlimmer wäre. Ich war dort mal auf einer Pressereise und staunte zwischen den Sonnenliegen nicht schlecht, wie man mit so wenig Kleidung so viel Geld demonstrieren kann. Dazu gehören − neben dickem Schmuck, der unangenehm heiß sein muss auf der Haut, natürlich auch das neueste Designermoden-Sonnenbrillenmodell und auf den Bikini abgestimmte Absatzsandaletten. Ein halbtransparenter Kaftan (in gleichem Muster) schmiegt sich in diese Reihe wie ein Kätzchen an einem plüschigen Kratzbaum.
Doch so ein Strandkleid ist so nützlich wie eine Spitzengardine. Und dennoch ist beides aus manchem Haushalt einfach nicht wegzudenken. In meiner Vorstellung sind das Haushalte, in dem man auch auf Klodeckelbezüge wert legen könnte. Im Wohnzimmer steht dort 24/7 eine Flaschenkühlerwanne mit zimmerwarmen Champagnerflaschen − so als Dekoration.
Sinnbefreite Dekoration?
Aber ich verstehe die Intention der Designer und Shops. Denn sie erwischen uns mit den Voile-Tuniken und Häkel-Kaftanen natürlich genau da, wo wir fürs gute Gefühl bereit sind Geld auszugeben. Allein der Kauf eines solchen Sommerteils lässt mich für einen kurzen Moment so fühlen, als wohnte ich in Kalifornien am Strand bräuchte so eine Garderobenergänzung, um meinem Personal nicht ständig im Bikini zu begegnen. Dazu kommt: Viele Designerkundinnen führen genau so ein Leben. Aber vielleicht möchten sie beim Googeln eines solchen Begriffs auch lieber etwas über vertuschte Kriegsverbrechen erfahren.
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Photo Credit: Catwalkpictures
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