Wunderwaffe in Verruf? Plex-Produkte in der Entwicklung
Plex-Produkte revolutionieren die Haarpflege
Ist es nicht unglaublich? Modepilot gibt es seit 2007 und seitdem sind Deine Haare zweieinhalb Meter gewachsen! Wenn man davon heute nichts sieht, dann liegt es natürlich am regelmäßigen Friseurbesuch. Färben, Blondieren, Haarbruch, Spliss, Spitzen schneiden und schon ist klar, wo die Länge bleibt. Aber muss das sein? Also, wir meinen, es wäre doch ganz schön, wenn wir die Haarlänge selbst bestimmen könnten und nicht immer dem Spliss hinterherrennen müssten. Immerhin ist 2023 und wir fragen uns: Ist denn eigentlich gar nichts passiert? Doch, eine ganze Menge!
Zwischendurch, nämlich in 2014, gab es eine kleine Haarrevolution, angezettelt durch ein Team von kalifornischen Chemikern, deren Marke Olaplex seitdem die Haarwelt erobert hat und Namensgeber für eine ganz neue Produktkategorie ist: „Plex“-Produkte. Bald waren diese „Plexe“ in aller Munde, bzw. auf vielen Köpfen. Denn schnell gab es viele Mitbewerber, die das neue Prinzip auch in abgelegene Friseursalons brachten. Was aber sind Plex-Produkte? Wie funktionieren Olaplex und Co.? Und gibt es Unterschiede?
Olaplex & Co.
Zunächst fällt auf, dass eigentlich alle Hersteller ihre Produkte durchnummerieren und ein System anbieten. Die Kernprodukte sind dabei die Produkte Nr. 1, 2 und 3. Typischerweise wird die Nr. 1 mit der Haarfarbe gemischt, die Nr. 2 wird auch noch beim Friseur angewendet und die Nr. 3 dann zuhause. Drumherum gibt es häufig einen ganzen Zoo von Ölen, Seren, Wässerchen, Shampoos und Conditionern, die allerdings nur oberflächlich wirken wie andere Haarkosmetik auch.
Disulfidbrücken
Wenn man sich auf der Olaplex-Homepage schlau macht (oder das Interview von 2015 auf Modepilot liest >>>), dann dreht sich alles um Disulfid-Brücken, die bei geschädigtem Haar unterbrochen sind und dann wieder repariert werden. Disulfid? Klingt ungesund, ist aber ein natürlicher Bestandteil unseres Haares: Eine der fast zwanzig Aminosäuren aus denen unser Haarprotein aufgebaut ist, kann nämlich mit ihresgleichen diese Disulfid-Brücken bilden.
Vereinfacht gesagt ist das Haar ein bisschen so aufgebaut wie die Doppelhelix unseres Erbguts oder ganz simpel erklärt wie ein Seil: Ganz feine Fäden aus den aneinandergereihten zwanzig verschiedenen Aminosäuren umgarnen sich gegenseitig, bilden stabilere Schnüre, umwickeln andere Schnüre, bilden gemeinsam Seile, umwickeln wiederum andere Seile und werden am Ende ein Tau… das wir dann Haar nennen. Und mittendrin sind die feinen Aminosäure-Fäden, die sich gegenseitig zusammenhalten. Zum Teil wegen der Disulfidbrücken, aber eben nicht nur.
Denn Disulfid ist ja nur eine von zwanzig Aminosäuren, die das kann. Die anderen halten zusammen, weil sie sich quasi elektrisch anziehen. Wenn das jetzt alles zu kompliziert klingt und Dir die Haare zu Berge stehen… keine Sorge. Unsere Haare verkraften unfassbar viel.
Schön und gut, aber wenn es so wenig Disulfidbrücken im Haar gibt, merke ich dann überhaupt, wenn diese gebrochen sind? Klare Antwort: ja. Klassisches Beispiel: Bei der Dauerwelle werden die Disulfidbrücken nämlich erst absichtlich gebrochen und, sobald das Haar schön aufgewickelt ist, wieder neu zusammengesetzt. Das Ergebnis ist eine dauerhafte Locke im Gegensatz zur vergänglichen Wasserwelle. Die gibt es bekannterweise auch und sie funktioniert einzig wegen der elektrischen Anziehung der anderen knapp zwanzig Aminosäuren, aber eben nicht so dauerhaft wie die Disulfid-verstärkte Dauerwelle.
Verschiedene Anbieter, verschiedene Inhaltsstoffe
Ja und was machen jetzt die „Plexe“? Lange Vorrede… aber jetzt ist klar, warum die Disulfidbrücken und die „elektrische Anziehung“ oder überhaupt das Aneinanderkuscheln der feinen Aminosäurefäden so wichtig sind für die Stabilität des Haares, oder? „Plexe“ enthalten kleine „Molekülkleber“, welche die feinen Aminosäurefäden zusammenhalten und damit für die Stabilität des ganzen Haares sorgen.
OK, aber wieso ist das nötig? Ganz einfach… Stress! Die Disulfidbrücken sind die Schwachstelle im Haar und empfindlich, wenn es Oxidation freigesetzt wird. Freie Radikale, Sonnenlicht und ganz besonders das Wasserstoffperoxid der Haarfarben oder Blondierungen sind der Killer für Disulfidbrücken. Echte „Plexe“ enthalten Moleküle, die – wenn es hart auf hart kommt (also z.B. beim Blondieren oder Färben) – im Haaresinneren Brücken bauen.
Damit sie dorthin, ins Haaresinnere gelangen können, müssen sie klein sein und möglichst kontaktfreudig. Bei Olaplex spielt das berühmte Molekül Bis-Aminopropyl Diglycol Dimaleate diese Rolle, bei anderen, wie zum Beispiel unserem Favoriten pH Plex, ist es eine natürliche Säure wie die Äpfelsäure. Manche kennt vielleicht auch Wellaplex oder das kostengünstige und leider nicht mehr erhältliche „Add Plex“ von der dm-Drogeriemarktkette. Darin wirkte Maleinsäure.
Diese Wirkstoffe sind in den eigentlichen Plex-Produkten, also den Systemprodukten Nr. 1 bis 3 in sehr hoher Konzentration enthalten. Wahrscheinlich auch deshalb gehören immer noch viele Plex Nr. 1 und Nr. 2 in die Hände von Profis: Zu groß ist die Gefahr, dass die Farbe vielleicht doch nicht ganz so herauskommt wie gewünscht. Das Kernproblem der Plexe aus dieser ersten Generation ist ihr niedriger pH-Wert. Denn damit die komplexe Haarfarbmischung genau den Farbton liefert, den die Hersteller entwickelt haben, braucht es den richtigen pH-Wert bei der Farbmischung:
Plex-Produkte − Auf den richtigen pH-Wert kommt es an
Wie wichtig dieses kleine Detail ist, zeigt der Technologieführer pH Plex schon in seinem Namen und seinem Patentportfolio. Mit dem richtigen pH-Wert der Farbmischung gehören Farbverschiebungen nämlich der Vergangenheit an. Die Drogeriekette Müller, einst im Schwäbischen hervorgegangen aus einem Friseursalon, setzt auf diese Innovation der Firma ATP Cosmetic.
Gründer Dr. Andreas Flohr war lange Jahre als Forschungschemiker für die Marke Wella tätig und hat es geschafft, die einst exklusiven Plexe Nr. 1 für den Heimanwender anzubieten. PH Plex ist zwar bundesweit in den Müller-Filialen im Haarfarbregal zu finden, überzeugt aber genauso die Profis (wird zum Beispiel über Trinity Haircare europaweit an Friseursalons vertrieben). Von diesen Spezialisten kommen auch nachfolgende Vorher-Nachher Bilder:
Uns hat es besonders der natürliche Wirkstoff Äpfelsäure angetan (bei den Inhaltsstoffen als Malic Acid oder Sodium Malate zu finden), der mit allen zwanzig Aminosäuren des Haares haarverstärkend wechselwirken kann. Euch ist die Äpfelsäure vielleicht schon aus der Hautpflege bekannt, wo diese Alpha-Hydroxysäure als mildes Exfoliant, Feuchtigkeitsspender und zur Anregung des Zellstoffwechsels verwendet wird.
Wer braucht letztendlich keine Plex-Produkte? Wer kurze Haare hat, nicht färbt oder blondiert, der kann sich die Investition sparen. Denn gesundes, natürliches Haar lässt sich kaum verbessern. Wer aber Spliss vermeiden will, um seine natürliche Haarlänge ausreizen zu können; wer färbt oder blondiert oder seine teuren Extensions, also Haarverlängerungen schützen will, der kommt um pH Plex eigentlich nicht herum. Auch mehr als ein Jahrzehnt seit der Gründung von Modepilot gibt es immer noch Neuigkeiten, über die es sich lohnt zu berichten und die so manches Plex der ersten Generation alt aussehen lässt.
Aufmacherfoto und Grafik 1 und 2 stammen von https://de.depositphotos.com/
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Photo Credit: Depositphotos, pH Plex, Jenni Löhr für Trinity Haircare, dritte Grafik: Bob Teurlings für Trinity Haircare
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