Ferrari fahren im Schnee verdreht Köpfe. Auch den eigenen.
An einem Winter-Wochenende im verschneiten Kitzbühel würde ich normalerweise um 08:30 Uhr in der Gondel der Fleckalmbahn zur ersten Ski-Abfahrt sitzen, heute fahre ich mit 12 Zylindern und 725 PS über verschneite Waldwege.
Ferrari lud im tiefsten Winter zum Media Testdrive nach Kitzbühel. Die Hochleistungssport-Domäne mit dem Hahnenkamm-Rennen, der spektakulären Weltcup-Abfahrt vom Kitzbüheler Hausberg mit der weltberühmten Streif, der schwierigste Abfahrtsrennstrecke der Welt, nennt man auch „Monaco der Alpen.” Es ist ein Ort der Superlative, gepaart mit alpendörflichem Charme, nur eben nicht provinziell, vor allem dank der internationalen Gäste mit Weltsportspitze und Prominenz.
Es ist eine helle Freude, das Schaulaufen der Superreichen zu betrachten, die scheinbar achtlos Chanel-Handtaschen schultern und in 1.300 Euro teuren Schneestiefeln von Prada zum Après-Ski einlaufen, Pardon in kleinbusgroßen SUVs chauffiert werden. Destination und Auto passen in Sachen Glamour, nur Schnee und vereiste Straßen verbindet man nicht mit einer roten Rennmaschine. Bis jetzt.
Ein Hingucker: Roter Italiener auf weißem Alpenschnee
„Ist das ein Ferrari im Schnee?“ Mit dem Purosangue von Ferrari kann man sogar hier noch Köpfe verdrehen. Der unverkennbare Motorensound verrät es eigentlich schon, aber erst beim genauen Hinschauen ist man sich sicher, dass es ein Ferrari ist. Denn ein Auto mit dem „Cavallino rampante”, dem sich aufbäumenden Pferd, aber mit vier Türen, das ist ein Novum in 75 Jahren Firmengeschichte. „Sportwagen mit erweitertem Alltagsnutzen”, so nennt man den Purosangue bei Ferrari – der Begriff SUV wird streng gemieden. Man könnte aber auch sagen: Familienkutsche à la Ferrari. Aber wieso will man das Rennstrecken-Gefühl eigentlich nun auch mit dem Komfort einer Geländelimousine kombinieren? Die Antwort liegt hier, in Tirol, auf der Hand: Auch für Ferraristi, so nennen sich die Hardcore-Fans und Sammler, wird es Winter. Und auch ein Ferraristi will zum Beispiel mit der Familie in den Skiurlaub. Und dabei nicht nur sicher, sondern sportlich unterwegs sein.
Offenbar ein Volltreffer: Mit einem Preis ab 380.000 Euro ist der Ferrari Purosangue teurer als ein Rolls Royce. Und trotzdem war er bereits für zwei Produktionsjahre ausverkauft, bevor ihn überhaupt jemand zu fahren bekam (!). „Wie meinst Krise, Spatzl?“ in den Worten von Monaco Franze, der Kult-Figur aus der gleichnamigen Serie, die in der bayerischen Hauptstadt spielt und von Münchnern ebenso verehrt wird wie die „vor der Haustür” liegenden Kitzbüheler Berge. Er – und die Münchner Schickeria – hätte sicher große Freude an unserer Tour: Übernachtung im schwarzen Adler (eine der ersten Adressen), Lunch im Stanglwirt (eine andere der ersten Adressen). Das 3-Gänge Menü dort mit Rinderkraftbrühe, Kalbsschnitzel und Kaiserschmarrn nenne ich mal „Götter-Mahl” und den Abstecher zur Windbeutelgräfin, berühmt für gigantische – wer ahnt es wohl? – Windbeutel, ist ebenfalls himmlisch. Dort ernte ich für das Key-Piece meines Outfits übrigens auch Beachtung und einige Komplimente: ein mehr als 20 Jahre alter Ski-Pullover von Bogner mit breitem, rotem Querstreifen und weißen Hirschen, den mein Vater aussortiert hatte. Er ist aus der Fire & Ice Linie. Und war nie passender als für eine Ausfahrt mit einem feuerroten Italiener auf weißem Alpenschnee.
Von 0 auf 100 geht es in 3,3 Sekunden, in 10,6 Sekunden auf 200 und in der Spitze erreicht der Purosangue gut 310 km/h. Fahrerisch ist er ein klassischer Ferrari. In Sachen Performance, Lenkgenauigkeit, Sound, Grip und einer vorzüglichen Bremsleistung dank Bremsen aus Keramik kann das „Vollblut” – so die deutsche Übersetzung von Purosangue – nicht nur „überzeugen”, wie man es gerne in Fachmagazinen liest. Auch als (noch!) Nicht-Motorsport-Pilotin spüre ich sofort, dass ich kein profanes Fahrzeug, sondern eine fein abgestimmte Maschine lenke. Der Purosangue verfügt über das gleiche elektronische Stabilitätsprogramm wie der Ferrari-Hybridsportler 296 GTB, sodass auch ein Bremsen in Kurven hinein möglich wird, ohne dass der Wagen über die Vorderachse wegrutscht. Dass diese Technik mehr als nur Performance-Gequatsche ist, spüre ich beim Antritt nach Hause noch einmal deutlich: Ich schleiche morgens um 08:00 Uhr mit dem Auto – einem Land Rover Evoque mit Winterreifen – in den ersten Kreisel aus dem Ort heraus und gerate in der Kurve direkt ins Rutschen.
Nicht nur die technischen Leistungsmerkmale gehören zur Kategorie Extraklasse: Sitzheizung? Die Sitze im Purosangue können nicht nur heizen und massieren, sondern auch lüften bzw. kühlen. Das gehört, ebenso wie ein beheiztes Lenkrad, zu den Dingen, von denen man dachte, man brauche sie nicht. Bis man eben einmal das Vergnügen hatte. Das gilt auch für die eingebaute Soundanlage von Burmester mit 21 (!) Lautsprechern. Dieses Hörvergnügen bleibt von außen verborgen, anders als die Portaltüren, d.h. die hinteren Türen sind hinten angesetzt und öffnen sich flügelartig. Diese Lösung soll das Ein- und Aussteigen vor allem für die Fondpassagiere erleichtern – eindrucksvoll ist das vor allem optisch.
Der Ferrari Purosangue taugt also ebenso, um standesgemäß bei dem neuen Dior Cruise Pop-up Store in Kitz vorzufahren, aber auch um Snowboard oder Skier zu verstauen und im Eis-Modus sicher über verschneite Straßen zu sausen. Dank Bergabfahrkontrolle und „4 Route Motrici" – bei Ferrari klingt eben sogar Allrad sexy.
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Photo Credit: Ferrari
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