Wie wird man Moderatorin?
Sophie von Puttkamer ist Nachrichtenmoderatorin beim Bayerischen Rundfunk, kurz: BR. Hier, beim öffentlich-rechtlichen Fernsehsender, moderiert sie alle zwei Wochen die Rundschau täglich um 16 und in der Ausgabe um 18.30 Uhr.
Wie wird man Nachrichtenmoderatorin?, möchte ich von ihr wissen. Um 12.30 Uhr holt sie mich ab und nimmt mich mit zum Sender. Denn um 13 Uhr muss sie bereits in der Maske sitzen. Im Auto sprechen wir über ihren Werdegang...
Sophie von Puttkamer: „Ich wollte gar nicht Moderatorin werden. Ich habe bei ProSieben/Sat 1 ein Volontariat als Nachrichtenredakteurin gemacht. Zu diesem Volontariat gehörte auch eine „Kurzeinführung in Moderation vor der Kamera“, inklusive Schaltentraining und Stimmausbildung. Am Ende ging es aber eher um die Seite des Reporters und dass unsere Beträge ordentlich vertont sind.”
Für Moderatoren gäbe es eine extra Ausbildung?
Sophie von Puttkamer: „Es gibt Moderatorenschulen, aber so richtig lernt man den Job in der Praxis. Hat sich der Sender für dich als Moderatorin entschieden, bekommst du eine zusätzliche Ausbildung...”
Die der Sender dann zahlt?
Sophie von Puttkamer: „Ja, genau.”
Wo hast Du Moderieren vor der Kamera gelernt?
Sophie von Puttkamer: „Ich arbeitete erst einmal zwei Jahre als Journalistin hinter der Kamera und ging dann zum Radio als Redakteurin. Dort fing ich zum ersten Mal auch mit dem Moderieren an, wofür ich eine extra Sprecher- und Präsentationsausbildung bekam. Das bedeutet aber auch nur, dass einmal die Woche ein Sprechtrainer kam, der mir erklärte, wie ich betonen soll. Der Vorteil beim Radio ist halt, dass man sich erstmal voll und ganz auf den Inhalt konzentrieren kann. Weil es sch***egal ist, wie man aussieht. Das hilft gerade am Anfang sehr.”
Deine Empfehlung wäre es also, erst einmal beim Radio anfangen?
Sophie von Puttkamer: „Radio ist echt ne harte Schule, aber danach weißt du auch, Zeiten genau zu schätzen und einzuhalten, d.h. auf die Sekunde genau zu sprechen und deine Inhalte entweder zu kürzen oder zu verlängern.
Beim Fernsehen muss man auf einmal darauf achten, was man mit den Händen macht, wo man hinschaut. Welche Kamera ist eigentlich gerade an? Wenn man aber beim Radio schon gelernt hat, seine Stimme einzusetzen und wie man Inhalte am besten transportiert, dann kann man sich leichter um diese Sachen kümmern.”
Sind Moderatoren in erster Linie Redakteure?
Sophie von Puttkamer: „Normalerweise ist es schon so, dass man als Moderatorin (im Vergleich zur Sprecherin, Anm. d. Red.), gerade im Nachrichtenbereich, eine journalistische Ausbildung gemacht hat. Wir sollten schließlich wissen, wovon wir sprechen. Es kann jederzeit eine Eilmeldung reinkommen. Wenn zum Beispiel der Papst stirbt, muss ich bereits wissen, wie lange er im Amt war, wer sein Vorgänger war, was jetzt als Nächstes passieren könnte. Und wenn ich das Wissen nicht aus meinem eigenen Hut zaubern kann, muss ich mir die Agenturmeldungen, die mir dann ins Studio gebracht werden, glaubwürdig und überzeugend übermitteln. Das geht nur, wenn der Zuschauer überzeugt ist, dass ich weiß, wovon ich spreche.”
Hast Du so etwas schon mal erlebt?
Sophie von Puttkamer: „Ich war im Studio, als der Amoklauf am Olympiaeinkaufszentrum passierte. Da haben wir live ohne Unterbrechung über Stunden durchsenken müssen. Da fängst du dann an zu überlegen, welche Amokläufe es in letzter Zeit gab, was da passiert ist, was die Beweggründe waren, wie die Polizei da vorgegangen ist und, ob man irgendwelche Vergleiche ziehen kann. Also genügend Futter, das wir nutzen können, bis es neue Erkenntnisse gibt.”
Was braucht es noch, außer einer guten, stets aktualisierten Allgemeinbildung?
Sophie von Puttkamer: „Spontan reagieren können, nicht die Nerven verlieren, wenn es heißt, wir bleiben jetzt auf Sendung. Dann musst du ein guter Teamplayer sein, weil du dich zu hundert Prozent auf deine Mannschaft verlassen musst. Du musst den Anweisungen der Regie folgen und darauf vertrauen, dass dir die Redakteure schon die richtigen Informationen ins Studio bringen, aus denen du dann eine Meldung formulierst."
„Du brauchst ein gutes Nervensystem”
Was würde passieren, wenn Du den Redakteuren in diesem Moment nicht vertraust?
Sophie von Puttkamer: „Wenn du anfängst, während der Sendung die Arbeit deiner Kollegen oder deines Teams zu hinterfragen, wirkst du unsouverän und das merkt der Zuschauer und kreidet es dir sofort an. Die Aufarbeitung, ob alles richtig gelaufen ist, kommt in einem solchen Extremfall erst danach.”
PS.: Als ich während unserer Autofahrt ein Schild laut vorlas, auf dem ein Fastffood-Restaurant seinen neuen Guacamole-Burger anpries und laut darüber nachdachte, dass man diesen probieren müsste, bog Sophie in der Sekunde in den Drive-Now ein. Weder sie noch ich kehren dort sonst ein, aber ihre Spontanität, von der sie eben noch sprach, stellte sie damit schlagartig unter Beweis.
PPS.: In einer weiteren Folge dieser neuen Themenreihe „Nachrichtenmoderation” berichte ich aus der Maske >>> und aus der Garderobe >>> und, wie der Arbeitsalltag einer Nachrichtenmoderatorin aussieht: Was passiert in der Konferenz? Wie entsteht ein Beitrag? usw.
Und hier geht es zu Sophies Rundschau-Moderation vom 30. Mai 2018 >>>
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Photo Credit: BR
Kommentare
Ihre Moderation ist super. Warum halten sie 1 Kugelschreiber in der Hand? Während Sie zu uns sprechen, benötigen sie diesen nicht.
wenn Sprecherinnen an einem Gerät festhalten, zeugt das von Unsicherheit oder Arroganz.
Stellen sie sich einmal vor, dass ich in Ihrem Wohnzimmer stehe und zu Ihnen spreche und dabei 1 Kuli halte.
Bitte unterlassen. Danke.
Sigi Feuhsner aus siegenburg
Sehr geehrte(r) Sigi Feuhsner,
da ich während der Live-Sendung neben Frau von Puttkamer im Studio sein durfte, kann auch ich Ihnen erklären, was es mit dem Kugelschreiber auf sich hat: Während der Einspielungen der Beiträge, werden kleine Veränderungen an den Texten vorgenommen, damit z.B. die Sendung am Ende auf die Sekunde genau endet, oder Zahlen aktualisiert werden (Anzahl der Verletzte und ähnliches). Diese Änderungen bekommt Frau von Puttkamer in den Knopf ins Ohr gesagt und notiert sich diese dann auf ihren Papieren, die vor ihr liegen.
Liebe Grüße,
Kathrin Bierling
der Artikel war sehr informativ - der Einblick in den Moderatorenalltag ist interessant!
Viele Grüße,
Lucy von HoseOnline