Neues vom Beauty Pro: Porentief nachgefragt

Gut geölt? Nicht jede Haut veträgt Gesichtsöle

Wir schwimmen buchstäblich in Öl. Der Kosmetikmarkt ist übervoll von Pflegeölen für den Tag, für die Nacht, zum Abschminken und auch zum Mischen unter eine Creme. Das Kaufargument ist immer ähnlich: Gesichtsöle sollen Feuchtigkeit spenden, nähren, regenerieren, beruhigen, Falten glätten, ein Gefühl von Geschmeidigkeit verleihen – und das bei jeder Haut. Doch bevor man sich dem Öl-Trend anschließt, sollte man einiges darüber wissen.

Braucht die Haut extra Öl?

Für mich hört es sich erstmal merkwürdig an, wenn man Öl aufs Gesicht gibt, obwohl doch die meisten von uns nicht unbedingt Fettglanz mögen. Das kennen vor allem diejenigen, die ohnehin eine ölige oder Mischhaut haben. Trotzdem empfiehlt die Industrie sie auch für diese Hauttypen. Dem wollte ich mal nachgehen. Fragt man Experten, ob Gesichtsöl oder nicht, antworten sie stets, dass es auf beides ankommt – das Öl und den aktuellen Hautzustand. Warum die Talgdrüsen unserer Haut Fett produzieren, ist bekannt. Es hält sie feucht und schützt vor extrinsischen Aggressoren. Hinzu kommen die Lipide (Fette und Öle) der Epidermis. Die wichtigsten Parameter für eine intakte Hautbarriere sind pH-Wert, epidermale Befeuchtung, die Menge an transepidermalem Wasserverlust und eben die Sebum-Produktion.

Die Haut als Ziegelmauer

Professor Tyler Hollmig von der Stanford University School of Medicine erklärt es seinen Studenten so: „Sie können sich die Haut als eine Ziegelmauer vorstellen. Die Hautzellen bilden die Ziegelsteine und die Lipide den Mörtel. Die natürlich produzierten Hautfette halten die Barriere intakt und minimieren den Wasserverlust, der essentiell ist für eine gesunde, durchfeuchtete Haut, und um Irritanten von außen davon abzuhalten, in die Haut einzudringen.“ Ohne diese natürlichen Öle würde die Haut also austrocknen.
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Öl als Feuchtigkeitsspender

Menschen mit einer Haut, die nicht genug eigene Öle bildet, kennen das Problem einer juckenden und schuppigen Oberfläche. Andererseits, ist die Tendenz ölig, bedeutet das, dass die Haut zu viel Sebum produziert. Aber nicht immer ist die Diagnose so simpel. Benutzt man zum Beispiel aggressive Akne-Produkte, kann die Haut entweder austrocknen oder sogar mehr Talg produzieren, weil sie versucht, die Trockenheit auszugleichen. Der Dermatologe Joel Schlessinger weiß aus seiner Praxis: „Personen mit öliger Haut tendieren dazu zu glauben, dass ein Moisturizer das Problem verschlimmern könnte. Der Haut jedoch die Befeuchtung vorzuenthalten, ist eine Schlüsselkomponente für übermässige Sebum-Produktion.“ Und dann gibt es noch die Mischhaut mit trockenen und öligen Zonen. Fazit: Irgendeine Art von Moisturizer kann also jede Haut brauchen. Womit wir wieder beim Thema wären, denn den größten Benefit, den Öle liefern, ist der Feuchtigkeitsaspekt.

Auf die Größe kommt es an

Die Grundidee, ein Gesichtsöl aufzutragen, ist die, die natürliche Ölproduktion in puncto Feuchtigkeit zu unterstützen und die Hautbarriere intakt zu halten, damit sie Wasser speichern kann. Ölen wie z.B. Jojoba-, Teebaum-, Hagebutten- und Arganöl werden noch andere Eigenschaften zugeschrieben wie antibakterielle, antientzündliche oder antioxidative Effekte. Doch Hollmig wendet ein: „Die meisten Öle bilden lediglich eine Schutzschicht auf der Hautoberfläche anstatt in sie einzudringen.“ Grund dafür ist die Molekülgröße. Sind sie zu groß, bleiben sie auf der Haut liegen und wirken wie eine Dichtung. Nur wenn sie klein genug sind, schaffen sie es nach innen und stärken die Barriereschicht. Wissenschaftlich nachgewiesen ist das allerdings nur bei wenigen Sorten wie Jojoba- und Arganöl.
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Typgerecht ölen

Gesichtsöle können also durchaus nützlich sein, aber eben nicht für jedermann. Die trockene Haut profitiert noch am meisten, weil das Öl sie oberflächlich abdichtet und verhindert, dass Wasser entweicht. Aber je nachdem wie okklusiv das Öl agiert, kann ein zusätzliches Feuchtigkeitsprodukt erforderlich sein. Für eine fettige Haut und der Neigung zu Akne sind Öle eher kontraproduktiv, vor allem komedogene Öle wie Kokusnuss. Dr. John Zampella, dermatologischer Direktor am Mount Sinai Medical Center räumt ein, dass bestimmte Öle wie Teebaumöl zwar dazu beitragen können Akne und Entzündungen zu bessern, aber er sagt auch: „Es gibt andere Substanzen zur Aknebehandlung, über die wir mehr wissen, wie Salicylsäure und Retinol.“

Öl ist nicht immer gut!

Auch Michèle Evrard, die Erfinderin von Cosmetics 27, empfiehlt: „Das Beste für solche Haut ist es, statt Öl lieber auf eine andere Textur auszuweichen, um ein weiteres Verstopfen der Poren zu verhindern.“ Wer trotzdem ein Gesichtsöl probieren will, sollte vorher seinen Dermatologen um Rat fragen. Bei echt empfindlicher oder momentan sensitiv reagierender Haut ist es wiederum besonders wichtig, Stoffe zu vermeiden, die Irritationen hervorrufen können wie Teebaumöl. Man sieht, was der einen Haut nützt, schadet der anderen. Ist die Empfindlichkeit der Haut allerdings in Trockenheit bedingt, kann beispielsweise Marulaöl sie beruhigen, weil es langanhaltend Feuchtigkeit einschließt.

Auf die feuchte Haut

Idealerweise trägt man Gesichtsöl auf die noch feuchte Haut auf oder besprüht sie zuvor mit Gesichtswasser. Feuchtigkeit und Öl bilden dann kurzzeitig eine Emulsion, und das Öl verteilt sich besser. Am einfachsten ist die Handhabung, wenn die Flasche eine Pipette hat. Ansonsten direkt auf die Fingerspitzen geben. Wattepad oder Papiertuch sind ungeeignet, weil sie zu viel von dem Produkt verschlucken. Man braucht nur wenige Tropfen, die sanft in kreisenden Bewegungen einmassiert werden. Ist Tages- oder Nachtcreme nicht bereits schon sehr reichhaltig, kann man etwas von dem Gesichtsöl untermischen. Unbedingt ein paar Minuten warten, bevor man weitere Kosmetika wie Foundation aufträgt. Dass das Öl einen rutschigen Film oder eine Fettschicht auf der Haut bildet, muss man nicht befürchten.

Trockene Öle

Produkte fürs Gesicht enthalten trockene Öle mit einem hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren. Trocken schon deshalb, damit sie nicht in die Augen kriechen und die Bindehaut reizen. Außerdem ziehen sie schneller ein und hinterlassen nur einen matten Schimmer. Reinigungsöle werden oft als sanfter empfunden als herkömmliche Makeup-Entferner. Aber damit hat es sich auch schon. An einen weiteren Wirkeffekt mag ich nicht glauben, weil man ja mit Toner nachreinigen sollte und damit das Öl wieder abnimmt. Aber wie gesagt bei jeder Öl-Aktion immer den eigenen Hauttyp im Blick behalten. Der ist übrigens nicht in Stein gemeißelt. „Im Gegensatz zu unserem Fingerabdruck verändert sich unsere Haut im Laufe des Lebens”, sagt der Hamburger Haut-Professor Dr. Volker Steinkraus.
Photo Credit: Catwalkpictures
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