Neues vom Beauty Pro: Porentief nachgefragt
Zwiegespräch mit meinem Lippenstift
Seit ich in der Öffentlichkeit wie alle eine Schutzmaske über Mund und Nase tragen muss, fühlt sich mein Lippenstift ziemlich einsam und vernachlässigt. Wie ich ihn versöhnte und warum die unfreiwillige Auszeit – mit der richtigen Lippenpflege – den Lippen sogar zugute kommt. Und! Was man gegen die Pickelgefahr, die unter den Masken lauert, tun kann...
Morgens im Badezimmer. Ich will mich gerade fertig machen. Hab einen Termin in der Stadt. Noch ein letzter Blick in den Spiegel. Da ruft mein roter Lippenstift mir von der Ablage aus zu „Nimm mich mit!“ Bedauernd schüttele ich den Kopf: „Du weißt doch, es ist Maskenpflicht!“ Er nörgelt ein bisschen, seine schwarze Kappe schimmert einige Nuancen dunkler vor Zorn – oder bilde ich mir das nur ein? Sein Unmut ist berechtigt. Er, den ich sonst immer bei mir trug, ist schon seit Längerem in Kurzarbeit. „Ja“, jammert mein Lippenstift, „ich trockne ein, werde alt und hässlich.“
Ich vermisse ihn auch, seinen Glamour, sein perfektes Rot, das meinen Teint sofort strahlen lässt. Tröstend nehme ich ihn in die Hand. „Aber willst du wirklich auf der Innenseite einer Stoffmaske verschmieren, noch bevor jemand dich mit perfekter Kontur auf meinen Lippen zu Gesicht bekommt?“ frage ich ihn. Trotzig zieht er seinen Verschluss mit dem vertrauten Klack zu. Als Trost biete ich ihm inzwischen intensive Pflege für die Lippen an, damit die Haut perfekt ist, wenn mein roter Mund sich wieder in der Öffentlichkeit zeigen darf. „Aber das ist nicht dasselbe“, bockt er und willigt erst ein, als ich ihm für die Übergangszeit einen Red-Lips-Friday vorschlage.
Früher, als alles noch normal war, und mein Mann und ich jeweils viel unterwegs waren, hatten wir immer freitags unseren Jour fix. Ein liebgewonnenes Ritual, das wir seit Corona zu Hause zelebrieren. Das Essen kommt von unserem Lieblingslokal unten im Dorf. Zum Dinner for Two trage ich seit Neuestem meinen roten Lippenstift…
Lippen under Cover
Was macht die neue Maskerade eigentlich mit den Lippen? „Auf jeden Fall kann es passieren, dass das Hin- und Herbewegen des Stoffes die zarte Haut mechanisch reizt“, sagt Dr. Elisabeth Schumachers. „Man sollte deshalb immer aufpassen, dass der Stoff die Lippen möglichst nicht direkt berührt.“ Das gestaltet sich allerdings schwierig, wenn man als Pollenallergiker wie ich öfters durch den Mund atmen muss. „Auch periorale Dermatitis und Akne, bzw. einzelne Pickel, werden begünstigt“, so die Dermatologin. Sie rät: „Das Beste, um der Entstehung von Pickeln unter der Atemschutzmaske vorzubeugen, ist es keine zu fetten Cremes zu benutzen und keine Poren-verstopfende Make-ups. Immer gut abschminken. Zeigen sich trotzdem ein paar Pickel, sollte man sich eine spezielle Creme beim Arzt verschreiben lassen.”
Dazu hat sie noch einen persönlichen Tipp: Immer wenn es geht, die Maske abnehmen. Sie schadet nicht nur der Haut, sondern auch der Sauerstoffgehalt im Gehirn sinkt, wenn man ständig das eigene CO2 einatmet.
Was sie außerdem in den letzten Wochen auffällig häufig in ihrer Praxis gesehen hat: „Viele Fälle von Lippenherpes. Das kann aber auch daran liegen, dass die Menschen Angst haben und gestresst sind durch die aktuelle Situation.“
Auf die richtige Lippenpflege achten
Dass die Lippenhaut schneller trocken wird unter der Maske, ist nicht zu befürchten, denn darunter ist es ja eher feucht und warm durch die Atemluft. Ist die Lippenhaut über Jahre an Lippenstift gewöhnt, kann es dennoch zu einer Art Entzugserscheinung kommen. Dr. Schumachers: „Da kann es helfen, morgens und abends einen farblosen Pflegestift zu verwenden. Allerdings sollte der nicht zu fetthaltig, sondern eher etwas flüssiger sein, damit sich keine Stauwärme unter der Schutzmaske bilden kann.“
Die Ärztin verrät mir auch, welchen sie selbst verwendet – nämlich „ISDIN Acniben repair Lippenbalsam“ mit Glycerol, Dexpanthenol, Vitamin E, Hyaluronsäure, Lysin und Hagebuttenöl.
Anti-Aging für die Mundpartie
Generell wird unsere Haut schnell trocken, wenn es ihr an Fetten (Lipiden) und Feuchtigkeit fehlt. Denn genau diese Substanzen sorgen dafür, dass sie glatt und geschmeidig bleibt. Für die Lippenhaut gilt das ganz besonders, da sie extrem dünn ist und über keine rückfettenden Talgdrüsen verfügt. Deshalb wird sie schneller rau, und die Mundwinkel reissen ein. In der Anti-Aging-Diskussion dreht sich alles immer nur um die Gesichtshaut, die Lippenpflege wird schmählich vernachlässigt.
Dabei haben sie es genauso nötig, intensiv gepampert zu werden, denn Volumenverlust und Fältchen am Mund sind häufig die ersten Altersanzeichen. Wer also bislang herkömmliche Lippenpflege betrieb und ab und an etwas Lipbalm aufgetragen hat, der kann gerade jetzt, wenn der Farbstift Pause hat, etwas mehr Pflege-Aufwand betreiben, damit die Lippen jünger, frischer und voller aussehen. Der einfachste Anti-Aging-Trick besteht darin, die Haut um den Mund herum genauso intensiv zu pflegen wie das restliche Gesicht:
Trägt man morgens oder abends ein Serum auf, verteilt man es auch über der Mundpartie. Setzt man sich zu Hause auf den Balkon, trägt man einen Sonnenschutzstift mit mindestens SPF 30 auf. „Am Abend eine Repair-Pflege mit Wirkstoffen wie Retinol, Wachstumsfaktoren und Peptiden benutzen“, empfiehlt Dr. Joshua Zeichner, Direktor der dermatologischen Abteilung des Mount Sinai Hospital in New York. Mit zu hoch dosiertem Retinol sollte man in der Mundregion allerdings vorsichtig sein, es kann die Haut schnell reizen. Reines Retinol wird in der EU meist mit Höchstkonzentrationen bis zu ein Prozent eingesetzt. Das kann aber bereits zu viel sein.
Bei der Retinol-Vorstufe, dem Retinol-Ester, sind Reizungen ausgeschlossen, während die Kollagensynthese dauerhaft und sanft stimuliert wird. Auch ein Lip-Peeling sorgt für mehr Geschmeidigkeit und Volumen, indem es die oberste Zellschicht exfoliert und die Erneuerung der Zellen unterstützt. Spezielle Lipfiller sind vollgepackt mit Ceramiden, Peptiden, Antioxidantien und intensiven Befeuchtern wie Hyaluronsäure und Kokusnussöl. „Mit der Zeit sehen die Lippen immer voller aus, und das ganz ohne Spritze“, gibt der New Yorker Dermatologe Dr. Macrene Alexiades zu.
„Die Hyaluronsäure und die Stimulation der Kollagensynthese erzeugen einen natürlicheren Look als man mit einer Injektion erreichen kann.“
Die Zeit nützen
Wer wegen Lippenfältchen schon länger mit einer Laserbehandlung oder einem chemischen Peeling beim Hautarzt liebäugelt, aber bisher die Downzeiten gescheut hat, könnte jetzt die Chance ergreifen. Homeoffice und Maskenpflicht spielen ihm in die Hände. Keiner sieht, was er nicht sehen sollte. Mit beiden Behandlungsmethoden lassen sich feine Linien und hartnäckige Überpigmentierungen beseitigen. Dass Lippenfältchen überhaupt entstehen liegt an den Muskeln darunter. Ziehen sie sich zusammen, faltet sich die darüber liegende Haut. Je älter und dünner diese, desto sichtbarer dir Einziehungen.
Kleinere Fältchen lassen sich auch gut mit einem Fruchtsäure- oder TCA-Peeling behandeln. Dabei werden die oberen Hautschichten abgetragen und geglättet. Ähnliche Ergebnisse erzielt der Laser. Neu ist der Clear + Brilliant. Er arbeitet besonders schonend, weil er die Hauterneuerung direkt unter der Oberfläche stimuliert. Alte Zellen werden zerstört und die Bildung von jungem Gewebe angeregt. Die Haut ist hinterher auch nur leicht gerötet. Allerdings muss man vier bis sechs Sitzungen einplanen, idealerweise im Abstand von ein bis zwei Wochen.
Vorsichtig sein sollte man mit einer Unterspritzung am Mund. Klar lassen sich einzelne, ausgeprägtere Linien mit Hyaluronsäure direkt aufpolstern. Mehren sie sich oder wirken plisseeartig, empfiehlt sich eher eine gesamte Unterfütterung der Oberlippenregion mit einem Skinbooster. Dabei wird die Hyaluronsäure mit einer stumpfen, gewebeschonenden Kanüle flächig verteilt. Das bewirkt eine Tiefenbefeuchtung und damit Glättung rund um die Mund.
Bei sehr trockenen Lippen kann eine Mesotherapie, beispielsweise mit Eigenplasma gute Erfolge bringen. Dabei wird aus körpereigenem Blut plättchenreiches Plasma gewonnen und in das Subkutangewebe gespritzt. Für jede Unterspritzung gilt: Lieber stufenweise behandeln und mehrmals nachspritzen nach einer ausreichenden Pause von sechs bis 12 Wochen. Denn eine Überkorrektur mit zu viel oder dem falschen Hyaluronsäure-Gel kann optisch fatale Folgen haben. Eines ist klar: Noch nicht mal unter der Atemschutzmaske mag man mit einem Papageienschnabel rumlaufen.
Mehr Lesenswertes der Autorin findet Ihr auf ihrem Blog Culture & Cream >>>
Dass man spezielle Lippenpflege auch zur Pflege z.B. der Kelly- oder Birkin-Tasche verwenden kann, lest Ihr hier >>>
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Photo Credit: Margit Rüdiger
Kommentare
Ja, wir alle erleben im Moment wirklich eine schwierige Zeit. Umso mehr freut es mich,
dass ich Dir mit der Lippenpflege eine Anregung für den stay@home-Alltag geben konnte. Liebe Grüße