Neues vom Beauty Pro: Porentief nachgefragt
Haarwuchsmittel
Wir wollen üppige Haare, lange Wimpern und dichte Augenbrauen. Für jede dieser behaarten Körperstellen hält der Markt eine Menge an speziellen Produkten bereit, die das Wachstum fördern sollen. Ein Grund, die Produkte mit Hilfe eines Dermatologen aus einer Münchner Haar-Klinik einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.
Zufallsentdeckung Wimpernserum
Mit langen Wimpern klimpert es sich besser. Dass man dazu keine künstlichen Wimpern mehr kleben muss, ist einem reinen Zufall zu verdanken. Patienten mit Grünem Star bekamen Augentropfen verordnet mit dem Wirkstoff Bimatoprost, um den Augeninnendruck zu senken. Gleichzeitig bemerkte man, dass Wimpern an Länge ordentlich zulegten. Ein Signal für die Kosmetik-Industrie. 2008 kam in den USA mit „Latisse“ (bei uns bis heute nicht zugelassen) das erste Wimpernserum auf den Markt. Noch vor der Markteinführung erhielt ich über eine befreundete Ärztin die Möglichkeit, Bimatoprost zu testen.
Täglich zweimal habe ich die Flüssigkeit vorsichtig mit einem Pinsel auf den Lidrand appliziert und höllisch aufgepasst, dass ja nichts davon ins Auge lief. Denn über die Nebenwirkungen der Glaukom-Tropfen an einem gesunden Auge stritten die Mediziner damals noch. Und tatsächlich: Nach sechs Wochen waren meine Wimpern so lang, dass sie an den Augenbrauen anstießen. Dass Bimatoprost zu dichteren und längeren Wimpern führt, bestätigen mittlerweile auch Studien aus den USA, China und Italien. Der Inhaltsstoff ist ein Abkömmling des Gewebshormons Prostaglandin. Andere Derivate haben so komplizierte Namen wie Cloprostenolisopropylester, Norbimatoprost oder Ethyltafluprostamid. In der richtigen Konzentration aktivieren sie die Haarfollikel und verlängern die Wachstumsphase der Wimpern. Dadurch existieren mehr Härchen gleichzeitig nebeneinander, was Dichte und Volumen erzeugt. Um bis zu vier Millimeter Längenzuwachs sind möglich.
Inzwischen gibt es jede Menge alternative Substanzen, die die Wirkung von Bimatoprost imitieren sollen wie Hyaluronsäure, Panthenol, Glycerin, Peptide, Vitamine wie E oder H (Biotin). Indem sie Feuchtigkeit und Nährstoffe spenden, sollen sie ein gesundes und kräftiges Wachstum der Wimpern fördern. So zumindest das Werbeversprechen. Meiner Erfahrung nach konnte keines dieser „hormonfreien“ Produkte es halten.
Was sagt der Experte?
Dr. Stefan Duve vom Haarzentrum an der Oper: Die mittlerweile synthetisch hergestellten Prostaglandin-Abkömmlinge sind die einzigen, die tatsächlich als Wimpernwachstums-Booster wirken. Die Prostaglandin-Gruppe sind Gewebshormone, d.h. Hormone, die an Ort und Stelle und nicht systematisch wirken. Im Vergleich dazu bringen alternative Inhaltsstoffe wie Vitamine definitiv weniger, wenn es überhaupt zu einem Wachstum kommt. Man kann sie eher als ein Pflegeprodukt oder eine Art Kur für die Wimpern und Brauen betrachten.
Keine Wirkung ohne Nebenwirkung?
Nicht jeder verträgt gewebshormonhaltige Wimpernseren. Manche klagen über Kopfschmerzen, brennende und tränende Augen, Juckreiz oder Rötungen an der Lidkante, auch eine Verfärbung der Haut am Wimpernansatz ist möglich. Dermatologen haben teilweise noch gravierendere Begleiterscheinungen beobachtet: Durch den Hormoneffekt der Prostaglandin-Abkömmlinge kann es im Augenbereich dazu kommen, dass die Haut dünner wird, sich die oberflächlichen Gefäße erweitern. Noch schlimmer ist eine mögliche Atrophie von Fettgewebe, sodass im schlimmsten Fall die Augäpfel tiefer einsinken. Diese Nebenwirkungen sind zum Teil irreversibel.
Deshalb lohnt es sich, vorher abzuwägen, wie viel man für einige Millimeter mehr an den Wimpern riskieren möchte. Die harmloseren Nebenwirkungen wie Verfärbung oder Juckreiz verschwinden allerdings mit dem Absetzen des Produktes wieder. Genauso ist es übrigens mit dem Verlängerungseffekt, der reduziert sich mit der Zeit wieder auf die genetisch vorgegebene Länge der Wimpern. Zusätzlich zu reinen Seren gibt es auch Mascaras, die das Wachstumsserum enthalten. Allerdings mit einer wesentlich niedrigeren Konzentration, deswegen dauert es um einige Zeit länger als die sonst üblichen 6 bis 10 Wochen, bis der Effekt sichtbar ist. Dafür hat man gleichzeitig perfekt gestylte Wimpern.
Jetzt auch mit CBD
Cannabidiol gilt nicht nur als neues Beauty-Wunder im Creme-Topf, sondern soll jetzt auch als natürlicher Lash-Booster agieren. Wie in der Hautpflege sind auch hier die Highmacher aus dem Hanf eliminiert. Das Öl aus den Samen ist frei von dem Stoff THC (Tetrahydrocannabinol), der für den Rauschzustand verantwortlich ist. Dem Cannabidiol (CBD) werden entzündungshemmende und regenerative Eigenschaften zugeschrieben. Das bedeutet, jede Art von Entzündung, egal in welchem Körperbereich, führt zu einer schlechteren Funktion der physiologischen Leistungen der Zellen. Und regenerativ heißt, dass Zellen wieder gestärkt und dazu angeregt werden, wieder produktiver zu sein.
Was sagt der Experte?
Dr. Stefan Duve: Im Bereich von Wimpern und Augenbrauen würde das erklären, dass es zumindest zu einem Wachstum und einer Verdichtung, bzw. besseren Struktur der Haare, kommen kann. Ich könnte mir für den Einsatz der CBD-Abkömmlinge deshalb schon einen, wenn auch geringeren Effekt, als den der Prostaglandine vorstellen.
Brauen-Booster
Manche Wimpernseren werden ausdrücklich auch für den Einsatz an den Brauen ausgelobt. Daneben gibt es spezielle Booster nur für die Brauen. Reines Marketing-Konzept oder bestehen tatsächlich Unterschiede? Ein Brauenserum mit Prostaglandin funktioniert fast ganz genauso wie an den Wimpern. Es unterstützt das Wachstum der Brauenhärchen, lässt sie deutlich dichter wirken. Die meisten Produkte werden morgens und abends aufgetragen. Nebenwirkungen muss man in dieser Gesichtsregion über den Augen nichts Schlimmes befürchten, außer man hat eine sehr sensible Haut. Häufig liest man über reines, kaltgepresste Rizinusöl, das als natürliches Haarwachstumsserum angepriesen wird. Und zwar für Brauen, Wimpern und Kopfhaare. Meine Wimpern haben sich davon jedenfalls nicht beeindrucken lassen. Einziger Effekt: Sie haben schön geglänzt.
Was sagt der Experte?
Dr. Stefan Duve: Was man definitiv sagen kann, dass Rizinusöl allein einen Haarverlust, egal in welcher Region im Gesicht oder am Kopf, nicht ersetzen oder stoppen kann. Allerdings ist eine gesunde Versorgung der Haare, bzw. der Wurzeln mit Nährstoffen – und in diese Richtung geht Rizinusöl – immer auch positiv zu sehen, indem die Durchblutung und die Nährstoff-Versorgung der sehr sensiblen und empfindlichen Haarfollikel gesteigert wird. Negative Eigenschaften sind nicht zu erwarten.
Haarwuchsmittel für mehr Fülle
Laut der Partnervermittlung-Agentur Parship rangieren bei den Männern für ihre „Mrs Perfect“ lange Haare mit 67 Prozent noch vor den optischen Klassikern wie blaue Augen (60 Prozent) und lange Beine (56 Prozent). Doch nicht immer klappt es mit der Walle-Mähne, denn auch Haare unterliegen vielen äußerlichen und innerlichen Faktoren. Sie werden dünner und kraftloser, das reicht bis hin zum Haarausfall. Stress ist eine Ursache dafür oder ein abfallender Östrogen-Spiegel wie nach einer Schwangerschaft. Ab 50 leiden sogar rund 50 Prozent der Frauen unter Haarverlust.
Haarseren können vorbeugend wirken und auch das Haarwachstum anregen. Enthalten sind vor allem Selen, Zink, Folsäure, Biotin, Koffein, Riboflavin. Bei diesen ist zumindest im Labor nachgewiesen, dass sie positiv auf die Aktivierung der Haarfollikel wirken. Allerdings muss man etwas Geduld mitbringen: Den Effekt sieht man erst nach einigen Wochen, wenn neue Follikel gebildet wurden und neues Haar nachgewachsen ist. Auch Koffein in Shampoos und Tinkturen gilt als wirksamer Muntermacher für die Haare. Allerdings ist es nicht zu vergleichen mit der Effektivität von Minoxidil. Dieser Wirkstoff gehört zu den Bluthochdruck-Medikamenten und wurde 1988 erstmals zur Behandlung von Haarausfall zugelassen. Er wird als Lösung oder Schaum aufgetragen. Übermäßiger Haarausfall wird gestoppt und das Wachstum neuer Haare gefördert. Wie es genau funktioniert, ist noch ungeklärt. Experten vermuten, dass die Wirkung zum Teil auf einer Durchblutungssteigerung der Kopfhaut beruht. Wie bei allen anderen Wachstums-Boostern auch geht der Effekt mit dem Absetzen der Produkts verloren.
Was sagt der Experte?
Dr. Stefan Duve: Bei Minoxidil in lokaler Anwendung habe ich öfter eine Irritation der Kopfhaut erlebt. Das heißt, Patienten klagen nach einer längeren Anwendung über trockene, juckende, schuppende Kopfhaut. Vereinzelt habe ich auch schon gesehen, dass an entlegenen Körperstellen ein vermehrtes, wenn auch meistens flaumartiges Haarwachstum aufgetreten ist. Das lässt darauf schließen, dass Minoxidil auch durch die Haut resorbiert wird.
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Photo Credit: Catwalkpictures
Kommentare
Danke für den interessanten Beitrag! Mich würde mal eine Expertenmeinung zum Thema Supplements interessieren - was braucht man wirklich und woran erkennt man gute.
Das sowohl für die Haut, als auch für die Haare. Ich nehme seit einiger Zeit Lineavi und habe keine Ahnung, ob das jetzt taugt oder nicht 😉
Liebe Katha,
danke für deine Anregung. Supplements stehen auch auf meiner Themenliste.
Ein unheimlich schwieriges Thema, zu dem sich selbst die Experten ständig streiten.
Aber ich bleibe dran. Herzliche Grüße, Margit
danke für deine Nachricht - ich bin gespannt. Und auch selbst überfordert, denn ich lese so viel unterschiedliches. Was überhaupt wirken könnte, inwiefern sich teure Produkte von günstigeren Präparaten aus Apotheke und Drogerie unterscheiden etc..
Ich freu mich auf deine nächsten Beiträge, auch zu anderen Themen 😉
Schöne Weihnachten und herzliche Grüße, Katha
Sehr spannend! Über die unterschiedlichen Wirkstoffe und damit einhergehenden Unterschiede in den Zulassungen der Produkte habe ich schon gelesen.
Auch ich kann bestätigen: Rizinusöl hilft bei mir ebenfalls keinem Haarwachstum auf die Sprünge, aber lokal auf Hautunreinheiten aufgetragen oder in Form der Oil Cleansing Method angewandt bin ich davon sehr positiv überrascht.
Mir persönlich hat ein Lash Lift zu auffällig schönen, langen Wimpern verholfen, auch wenn dieser "Dauerwellen"-Effekt direkt am Ansatz zeitlich begrenzt ist. Gerade jetzt in der Maskenzeit wurde ich schon ein paar Mal darauf angesprochen. Nachem wir morgen in den 3. Lockdown rutschen, werde ich in den nächsten Wochen auch einen sehr guten Vergleich haben, wie meine Wimpern wieder "ohne" ausehen... ich habe so eine Ahnung, ich werde es vermissen!