Wie alltagstauglich ist der Wet-look?
Als ich Margit, unsere Schönheitsexpertin, fragte, ob sie das Thema 'Wet-look' für uns näher beleuchten könne, sagte sie: „Ich wäre sehr froh, wenn du das schreiben könntest. Ich konnte dem Wet-look noch nie viel abgewinnen.“ Boum!
Mir liegen gerade all die vielen Wet-look-Fotos von den Modeschauen für 2022 vor. Die Models und Schauenbesucher sehen mit ihren nassen oder nass aussehenden Haaren toll aus.
Aber vielleicht ist so eine Frisur wirklich nur etwas für die Bühne? Ich beschließe einen Selbsttest, eine Umfrage unter Friseuren (Was gibt da Neues an Techniken und pflegenden Produkten?) und eine Straßenbeobachtung.
Wie alltagstauglich ist der Wet-look?
Auf den Straßen und in den Cafés Münchens und Den Haags sehe ich den Wet-look tatsächlich nur als echt nasse Haare vom Duschen. Viele tragen noch eine Sporttasche mit sich. In Den Haag sehe ich − wie bei den Herren-Modewochen auch − klassische Gelfrisuren bei den Männern, sogar die nass glänzende Haagse Matje, also einen langen Vokuhila sieht man hier. Die Jungs, die das tragen, sind mittlerweile Kult: Der passende Fotoband liegt bei uns im Wohnzimmer (>>>). Aber einen aktuell modisch gestylten Wet-look sehe ich nirgends auf der Straße, außer bei den Fashion Weeks.
Ich wage den Selbsttest
Zunächst frage ich meine Friseurin, wie man so einen Wet-look am besten kreiert. Ganz einfach, sagt sie, man müsse die Haare nur schichtweise mit Haarschaum oder Haargel bearbeiten, nach hinten kämmen und mit Haarspray fixieren. Und das dann Lage für Lage. Da war ich gedanklich schon wieder woanders. Denn das ist mir schon zu viel Arbeit und so viel haarschädigende Produkte machen meine Haare nicht mit. Das kenne ich von Fasching.
Aber zum Glück gibt es ja Produktinnovationen. Ich steige tiefer ein in die Materie. Dafür teste ich ein nagelneues Aloe Vera-Gel, das die Haare sogar pflegt. Doch die drei, vier Pumpstöße, die ich mir anfangs ins nasse Haare schmiere, bringen keinen sichtbaren Effekt. Zweiter Versuch: drei, vier Pumpstöße in die trockenen Spitzen und ein Geleffekt entsteht. Für einen Wet-look muss ich deutlich mehr verwenden.
Nach dem nächsten Haarewaschen verteile ich zehn Pumpstöße des hellgrünen Gels im nassen, gekämmten Haar, wuschele durch und lasse lufttrocknen. Denn einen Sleek-look möchte ich nicht. Ich peile etwas Lockeres wie das vom Fendi-Laufsteg an.
Während der Trockenzeit verteile ich noch mal drei Pumpstöße hier, drei Pumpstöße da. Doch das Ergebnis: Meine Haare sehen ein bisschen aus wie die aus einem dieser großen Frisurenbücher der Neunzigerjahre. Nur dass meine Haarspitzen zwar stachelig aussehen, aber in Wirklichkeit weich und gut gepflegt sind. Mit dem aktuellen Wet-look hat das aber nicht so viel zu tun. Ich finds zwar ganz cool, weil man meinen Haarschnitt besser sieht und ich endlich mal so etwas wie eine Frisur trage und das ganz ohne Bürsten und Fönen. Dennoch: Ich probiere weiter aus. Im trockenen Haar verteile ich noch mal 12 Pumpstöße des Pflegegels, aber jetzt wird es chaotisch und ich brauche eine Baseball Cap, um wieder unter Leute gehen zu können.
Expertentipps
Stefan M. Pauli vom Salon Pauli in München hält auch mehr vom natürlichen Wet-look als vom streng gekämmten: „Am schönsten wird der Wet-look, wenn die Haare eine gewisse eigene natürliche Bewegung haben oder zumindest durch den Schnitt eine Struktur mit unterschiedlichen Längen haben,“ sagt er.
Ich frage ihn auch zu den Produkten und, wie man möglichst haarschonend Wet-looks zaubern kann. Pauli: „Mit Gel oder Schaum ins nasse Haar wird gerne gearbeitet, weil die Haare dann wirklich starr und fest werden. Aber wie ich finde auch unnatürlicher, als wenn die Haare wirklich nass sind. Schonender und gleichzeitig natürlicher wird der Look, wenn ein Pflegeprodukt wie Conditioner oder Maske ins nasse Haar gegeben wird. Für beide Varianten werden die nassen Haare in Form gekämmt, bzw. auch geschüttelt, und trocknen an der Luft oder unter Wärme.“
Dafür verwendet man übrigens mehr Conditioner oder Maske (am besten feuchtigkeitsspendend für mehr Glanz) als sonst. Auch Andrea Hecker von der Haarfärberei in München (Wella Trend-Podcast >>>) empfiehlt diese Form des Wet-looks. Und sie hat noch folgenden Tipp für uns: „Grundsätzlich ist es cooler, wenn Du die Haare vorher ein bisschen föhnst und dann erst wieder 'wet' machst. Weil die Haare sonst nicht so schön am Kopf liegen. Also am besten mit etwas Stand föhnen und dann erst die Produkte rein: entweder eine Kur oder ein Spray-Öl, z.B. von Aveda oder Bumble & Bumble.“
Wie alltagstauglich ist so ein Look?
Stefan M. Pauli: „Im Sommer sind solche Looks sehr alltagstauglich, einfach Pflege ins nasse Haar und trocknen lassen. Ich empfehle das auch gern für den Strandurlaub, da ist das Styling gleich eine Pflege und Schutz für den ganzen Tag.“
Die meisten Looks von den Runways der Saison, sagt Pauli, sind sehr modisch. Die meisten würden eher eine Variante als lockeren Sleek-Look, also mit den Haaren eher aus dem Gesicht tragen.
Ob seine Kunden öfter mal um einem Wet-look bitten, bevor sie seinen Salon verlassen? Pauli: „Meine Kunden freuen sich meist darüber, wenn wir mehr Aufwand fürs Styling aufwenden (Anm. d. Red. also klassische Föhnfrisuren), wenn sie das Styling mal nicht selbst machen müssen. Aber zu einem bestimmten Anlass, wie z.B. Events, die es ja endlich wieder mehr gibt, kommt das schon vor.“
Sleek look à la Balmain
Mit Stilkamm, Haarschaum, Haargel und Haarspray bekommt man den klassischen Sleek-wet-look hin. Dieser eignet sich vor allem für den dramatischen Abendauftritt und sieht bei dunklem Haar, bzw. welchem mit dunklem, breiten Haaransatz am besten aus.
Auch Frisuren mit maximal kinnlangem Haar eignen sich besser dafür als lange Haare. Denn die langen Haare werden nach unten hin schnell unkontrollierbar, was dem Look seine Perfektion nehmen würde.
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Photo Credit: Catwalkpictures
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