Raf Simons ist neuer Kreativchef von Calvin Klein
2. August und – zack – ist es raus. Seit gestern ist der Vertrag von Modedesigner Raf Simons bei LVMH (Louis Vuitton Moët Hennessy) ausgelaufen, wo er bis Oktober 2015 noch als Dior-Chefdesigner tätig war. Heute kommuniziert die US-amerikanische Bekleidungsfirma PVH (Phillips-Van Heusen, Mutterunternehmen von Calvin Klein) die Ernennung des 48-jährigen Belgiers zum neuen Kreativchef der Marke Calvin Klein.
Vor neun Monaten taucht das Gerücht zum ersten Mal auf, wir spekulierten darauf ebenfalls schon länger (zuletzt bei der Neubesetzung des Postens bei Dior), aber überraschend ist es dennoch. Als Simons nach dreieinhalb Jahren Dior verließ, sprach alle Welt davon, dass ein kreativer Feingeist wie Simons nicht wie eine Maschine laufen kann, die es heute für global agierende Modekonzerne braucht – egal welchen Designernamen der Konzern heute noch tragen mag. Der Druck, It-bags und etliche Kollektionen pro Jahr zu konzipieren, so glaubten wir, passe ihm nicht. In einer Dokumentation auf Arte sprach er recht offen über den Druck: "Da hast du nicht ausreichend Zeit für das Entwicklen von Ideen." Sein Gesicht sprach Bände. Wir liebten ihn für diesen ehrlichen Einblick. Und jetzt also zu Calvin Klein. Muße wird er dort auch nicht finden.
Letzte Raf Simons Show für Dior: Sommer 2016
Bei seinem Weggang von Dior im Oktober 2015 kommunizierte das französische Unternehmen, der Designer wolle sich nun auf andere Projekte und auf sein Privatleben konzentrieren. Seit ein paar Tagen kennen wir den Gewinnrückgang des Dior-Geschäftsjahres 2015/2016: minus 8 Prozent. Vor allem das erste Halbjahr 2016 sorgte für Gewinneinbußen, was auf weniger Touristen in Paris und Asien zurückzuführen sei, heißt es.
Simons hat derweil einen neuen Arbeitsvertrag unterzeichnet. Dieses Mal dürfte das Pendeln zwischen seinem geliebten Antwerpen, wohin er sich so gern zurückzieht, und seinem neuen Arbeitsplatz in New York nicht so einfach sein. Als er noch für Dior in Paris arbeitete, fuhr er an den Wochenenden oft nach Belgien zurück. Dass er immer wieder den nötigen Abstand in der belgischen Kleinstadt finde, erzählte er dem F.A.Z.-Magazin.
Warum also konzentriert er sich nicht auf sein eigenes Label – ganz in Ruhe in seinem belgischen Atelier? Warum treibt es ihn wieder zu einer modischen Großmacht? Sind ihm Bedeutung und Geld dann doch wichtiger als wir es zunächst annahmen? Zugegeben, jemand, der so eine Kollektion (wie oben) zaubern kann, braucht eine große Bühne und dafür braucht es viel Geld. Und, jetzt da man es weiß, wirkt die Sommerkollektion 2016 von Dior wie eine Bewerbung für die Marke Calvin Klein (viel Wäsche-Artiges in Weiß!) – eine fantastische Bewerbung!
Bevor Simons bei Dior anfing, übte er sich als Chefdesigner für einen anderen Namen bereits bei der Marke Jil Sander. Da fiel er mir als ein Designer auf, der – nicht wie Karl Lagerfeld – eine Marken-DNA immer wieder neu erfinden kann, sondern als jemand, der seine eigene Marke weiterentwickeln sollte. Seine Kollektionen für Jil Sander waren irgendwas zwischen Raf Simons und Jil Sander, aber beides nicht konsequent (Barbara sieht das anders: "Er war ein Segen für das Haus in meinen Augen." Die Jil Sander-Kundin fühlte sich aber verprellt. Jil Sander selbst übernahm kurz wieder das Ruder, danach folgte Rodolfo Paglialunga.
Auch bei Dior empfand ich ihn zunächst als recht hilflos. Als ich dann im Dior-Film zusah, wie er das Atelier-Team damit beschäftigte, Kunstwerke des von ihm umschwärmten Künstlers Sterling Ruby auf Haute Couture-Roben zu bringen, schlug ich die Hände über dem Kopf zusammen: Da verwirklicht sich einer selbst, ohne Rücksicht auf die Frau, die Kundin! Isa sieht den Film differenzierter als ich >>>
In dem Dior-Film sagt Simons über sich: "Ich bin kein Minimalist, auch wenn die Öffentlichkeit mich dazu macht." Nun fängt er bei Calvin Klein an – einem Label, das von dem New Yorker Calvin Richard Klein 1968 als ein puristisches, zeitloses Label ins Leben gerufen wurde und heute mehr für weiße Baumwollunterwäsche mit breiten Logo-Gummibändern steht als für sonst irgendwas. Die Mode ist – ja – minimalistisch. Ich bin sehr gespannt, was Simons daraus macht.
Pre-Fall Collection 2016 von Calvin Klein
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Photo Credit: Catwalkpictures, Calvin Klein
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