Neues vom Beauty Pro: Porentief nachgefragt
Trendfrisuren 2020 – Da ist für jeden etwas dabei
Wenn ich mir den neuen Side Swept Bob mit seiner sexy Imperfektion anschaue, könnte ich bei den Trendfrisuren 2020 schon schwach werden. Aber nicht nur er gehört dieses Jahr zu den Favoriten auf der Frisuren-Hitliste. Für jede Haarlänge gibt es einen coolen Look – egal, ob per Schnitt oder Farbe. Das und vieles mehr erfuhr ich bei einem ausführlichem „Hairtalk” mit Friseur Stefan Pauli in seinem Münchner Salon.
Kurze Haare sind immer ein Statement
„Mit kurzen Haaren sticht man aus der Menge heraus, man kreiert eine Persönlichkeit. Lang ist nett, man macht nichts verkehrt, sieht weiblich aus. Das ist nie ein Statement, ein Kurzhaarschnitt schon“, sagt Stefan Pauli. Stimmt schon, mit kurzen Haaren ist das Gesicht präsenter. Man kann sich nicht hinter seinen Haaren verstecken – Wir erinnern uns, das war in der Schule so praktisch beim Abschreiben. Mit kurzen Haaren ist man einfach mehr ein Typ. Mut zum Typ. Dafür habe ich meine Schwester Chris früher zu Teenie-Zeiten beneidet, während ich mich nicht traute, von meiner schönen, langen Mähne zu lassen.
Muss man für Kurz unbedingt ein schönes Gesicht haben?, will ich von Pauli wissen: „Nicht zwangsläufig. Wenn mich Kunden fragen, ob ihnen kurz, mittel oder lang besser steht, sage ich immer: Es gibt für jede Gesichts- und Kopfform, für jeden Typ eine Version in jeder Haarlänge.“ Um herauszufinden, was sich die Kundin wünscht, stellt er ihr drei gezielte Fragen: Wie möchten Sie wirken? Was machen Sie gerne mit den Haaren? Was gefällt Ihnen gar nicht?
Das schließt dann schon vieles aus. Wenn jemand überhaupt nichts mit seinen Haaren machen will, empfiehlt der Friseur halblang. Ein Kurzhaarschnitt bringt nämlich mehr Aufwand mit sich als man zwangsläufig denkt. Kurze Haare sind zwar schnell gewaschen und getrocknet, aber sie verlegen sich auch gerne nachts. Also muss man morgens regelmäßig stylen.
Der Pixie – kurz und doch feminin
„Deshalb hat sich „Pixie” als Begriff für eine coole Kurzhaarfrisur etabliert“, so Pauli. „Ich mag ihn nicht zu kurz, sondern lieber mit weicheren, volleren Konturen, die man auch mal hinter die Ohren legen kann, die aber in der Kürze trotzdem noch Struktur haben. Die klassische Variante, fast wie ein Herren-Facon-Schnitt, empfinde ich als sehr androgyn und zu hart.“
Der Vorteil eines Kurzhaarschnittes ist, dass man damit viel mehr gestalten kann als mit einer mittleren oder langen Länge. Er funktioniert bei jeder Haarstruktur und -menge. Mit dem Schnitt kann man einen Hinterkopf modellieren, wo keiner ist, dem Oberkopf Volumen geben, etc. „Es ist eine Kunst für sich“, erklärt Stefan Pauli. „Der Profi muss den Fall der Haare ganz genau analysieren. Er muss vorhandene Wirbel einbeziehen und überlegen, wie er sie gewinnbringend nutzen kann. Je kürzer die Haare, desto wichtiger sind Wuchs und Fallrichtung.“
Und wie stylt man den Pixie zu Hause? Pauli: „Dafür braucht man eigentlich nichts außer seine zehn Finger und einen Föhn. Kreuz und quer in alle Richtungen trocken pusten, von vorne nach hinten und umgekehrt. Wichtig ist, dass man nicht bereits beim Föhnen eine fixe Form vorgibt. Schöner ist es, den Pixie im trockenen Zustand mit einer weichen Pomade zu akzentuieren und zu modellieren. Kein Wachs, das ist oft zu weich.“
Mach mal halblang – der Side Swept Bob
Stefan Pauli: „Die am wenigsten aufwändige Frisur ist ein halblanger Bob. Er hat Fülle in den Spitzen und Volumen am Oberkopf. Der Bob ist der Paradeschnitt für Frauen mit normaler Haarfülle, aber auch bei feinem Haar. Je nach Struktur arbeitet man mit Stufen. Ein naturgewelltes Haar braucht weniger, damit es nicht zu sehr aufgeht. Ein feines Haar benötigt mehr Stufung, um Volumen am Oberkopf zu kreieren. Mein Geheimtip ist der Calligraphy Cut, weil ich damit eine Stufung erreiche, die so weich ineinander fließt, dass man sie nicht als einzelne Lagen erkennt. Dabei werden die Haare nicht gerade, sondern im 21 Grad-Winkel geschnitten, so wie man auch Blumen anschneidet. Auf diese Weise erhält man eine größere Oberfläche in den Spitzen und mehr Elastizität im Haar. Optisch wirkt das Haar voluminöser, fällt lockerer. Man muss sich vorstellen, wenn man es gerade abschneidet, sind es 100 Prozent Fläche, wenn man es schräg abschneidet, sind es 270 Prozent – also mehr als das doppelte an Fläche.“
Und was ist das Besondere an der neuen Trendfrisur? Wie der Name schon sagt, wird eine Partie zur „Seite gefegt“, um die typische Asymmetrie zu erreichen. „Eigentlich ist sie nur eine Styling-Variante des ganz normalen Bobschnitts“, erklärt der Profi. „Es ist nicht der klassisch-akkurate Bob, der eher streng wirkt. Der Side Swept ist feminin und auch sexy durch das Fransige und die Asymmetrie, die von dem tiefen Seitenscheitel ausgeht.“
Kann man den Scheitel auf beiden Seiten tragen? Pauli: „Ich würde diesen Bob immer so schneiden, dass man den Scheitel mal rechts, mal links anlegen kann. Gerade wenn man vorne einen Wirbel hat, gibt es Tage, da liegt der Scheitel auf der anderen Seite besser. Deshalb ruhig öfter mal wechseln.“ Zum Stylen verwendet man am besten ein Seasalt Spray für die Ansätze und einen Schaum. Beides vor dem Föhnen in die Haare geben.
Lange Haare – Farbe vor Schnitt
„Lange Haare sind heute nicht mehr altersabhängig wie früher, sondern eher eine Typ-Frage, wie man sich gibt“, weiß Pauli. „Dabei ist die Bedeutung des Schnitts inzwischen weniger wichtig als die Farbe. Hellere und dunklere Effekte: Balayage sind gefragt. Andere wollen für vier Wochen Pink in den Haaren haben oder einen Touch Violett. Außerdem kann man mit Farbe Licht und Schatten und mehr Bewegung in die Haare bringen. Blond ist in allen Facetten Trend, aber nicht mehr das graue Eisblond. Die Frauen wollen mehr Glanz: Karamell, Weizenblond, vielleicht auch Honigblond, alles was lebendig aussieht.“
Die Experimentierfreudigkeit hat im Langhaarbereich offenbar extrem zugenommen. Das liegt sicher auch an den Farbtechniken, die sich weiter entwickelt haben und pflegender sind. Allen voran sind das Systeme wie Olaplex oder Smartbond, die die Haarfaser während der Coloration stärken und schützen.
Aber wie oft kann man die Farbe wechseln, ohne seine Haare völlig zu ruinieren? Pauli: „Wenn die Leinwand es bietet, sprich wenn die notwendige Helligkeit der Haare durch Blondieren einmal erreicht ist, kann man unter Umständen die Farbe alle vier Wochen wechseln. Das, was man an Glossing darüber gibt, das verliert sich mit der Zeit, dann kann ich eine andere Tonalität auswählen.
Das Glossing hält je nach Intensität zwischen zwei und sechs Wochen bei sehr kräftigen Farben.“ Was ist Glossing gleich wieder? Darunter versteht man ein Farb- und Glanztreatment, das vereinfacht gesagt wie ein Lipgloss für die Haare funktioniert. Es soll sie tiefenwirksam pflegen, also von innen heraus aufbauen und der Farbe schonend mehr Glanz und Farbauffrischung verleihen. Denn anders als es sich der Laie vorstellt, ist ein Ausbleichen der Farbe auf dem hellen, blondierten Untergrund weniger ein Problem, als dass sie nachdunkelt. So erklärt es mir der Experte.
Trendfrisuren 2020 – wie frisch gestrichen!
Man sieht immer mehr Frauen, die sich selbst die Haare bunt färben, aber das sieht nur ganz frisch gut aus. „Directions” ist dafür ein beliebtes Produkt, eine vegane Haarfarbe ohne Chemie, die sich wie eine Tönung im Laufe der Zeit von selber auswäscht. Dazu sagt Pauli: „Weniger schön sehen auffällige Farben aus, wenn man sie selbst färbt. Sängerin Billie Eilish hatte bei ihrem Oscar-Auftritt einen krassen Farbverlauf mit leuchtend neongrünem Ansatz und Schwarz in den Spitzen. Solche Extreme zu machen, dass es wirklich gewollt aussieht, ist höchste Friseurkunst. Nach maximal fünf Haarwäschen lässt der Effekt nach.”
„Muss man dann auch beim Profi auffrischen lassen. Denn die Farbe muss ausgeglichen, aber darf nicht auf alle Haare gegeben werden. Das ist oft der Fehler, wenn man selber färbt, dass sich in manchen Bereichen die Farbe addiert und andernorts, wo die Struktur vielleicht poröser ist, schneller rausfällt. Gibt man dann die Farbe auf alle Partien, ergibt es oft komische Tonalitäten.“
Der goldene Schnitt
Aber irgendeinen Schnitt brauchen doch auch lange Haare? „Klar“, antwortet Pauli. „Ich würde Stufen vorne zum Gesicht schneiden. Dort sind die Haare von Natur aus oft feiner. Da geben Stufen richtig viel Volumen, an den Spitzen und auch am Oberkopf. Am Hinterkopf dagegen muss man vorsichtig vorgehen. Nimmt man hier zu viel weg, wird es in den Enden automatisch dünn. Bei richtig langen Haaren hat man ja auch das Thema, dass die Haare vom Oberkopf gar nicht alle in den Spitzen ankommen. Da darf man nicht um jeden Preis Länge behalten wollen. Schneide ich immer nur die Spitzen nach, ist irgendwann der Haarbruch da, der sich immer weiter hochfrisst. Auch hier ist mein Favorit der Calligraphy Cut, weil ich damit die Spitzen voller gestalten kann, und die Qualität der langen Haare wird mit der Zeit immer besser.“
Gibt es eine Richtlinie für die optimale Haarlänge? „Die Haarqualität spielt auf jeden Fall eine Rolle. Aber grundsätzlich sieht langes Haar nur gut aus, wenn es gepflegt ist. Der goldene Schnitt ist auch hier eine gute Richtlinie. Betrachtet man die Körperproportionen, sollte die Haarlänge maximal ein Drittel einnehmen. Wenn man nur noch Haare wahrnimmt, dann ist das einfach zu viel. Schulterblattlänge ist eine gute Länge“, so Pauli.
„In jedem Fall würde ich die Haare auf Mittelscheitel schneiden, dann kann man sie ebenso mit Seitenscheitel tragen. Das ist dann der kleine Rahmen, in dem sich jemand mit langen Haare verlustieren kann. Trend ist auch ein Brigitte-Bardot-Pony, der zu den Seiten weich verbunden wird. Man trägt nicht mehr den kompakten, gerade geschnittenen Pony. Er soll eher lässig, weich, natürlich sein und so flexibel, dass man ihn auch mal aus dem Gesicht frisieren kann, mit Mittelscheitel und zur Seite stylen oder sogar in einer Hochsteckfrisur tragen kann.“
Weg vom Sprüh-Beton
An Styling-Tools empfiehlt der Profi für lange Haare alles, was Bewegung erzeugt: Eisen, Rundföhn wie Airwrap, Föhnbürsten, etc. Und er rät: Vorher immer einen Hitzeschutz in die Haare geben. Bei XL-Längen ist es wichtig, dass man nicht nur vorne für Bewegung sorgt, sondern über den Kopf verteilt.
Paulis Tipp: „Schön an diesen Stylings ist, dass sie bis zur nächsten Haarwäsche halten. Viele Kunde binden die Haare zum Schlafen zusammen, z.B. zu einem lockeren Zopf, damit die Bewegung möglichst lange erhalten bleibt.“ Auch Haarsprays sind ein wichtiger Helfer. Nicht zum Betonieren wie früher. Man sprüht es partienweise zwischen die Haare, um ein vorhandenes Styling zu fixieren und gleichzeitig die Flexibilität zu erhalten. „Auch Trockenshampoos und Pudersprays sind für mich eine Variante mit verschiedensten Abstufungen, ob zum Reinigen oder als Toupage“, erklärt Pauli. „Früher hat man toupiert, heute sprayt man. Schaum ist auch wichtig. Er lässt sich gut verteilen, leicht einarbeiten, hält die Frisur fluffig.“
Lifting beim Friseur
Stimmt es, dass ein Haarschnitt auch einen Liftingeffekt haben kann? „Das kann man so sagen“, sagt Pauli. „Alle Linien im Gesicht, die aufstrebend sind, strahlen etwas Positives, Lebendiges, Freundliches aus. Alles, was hängt und schwerer fällt, bewirkt das Gegenteil. Das ist beim Haareschneiden maßgebend für die Konturen am Gesicht. Wo sehe ich im Gesicht aufstrebende Linien, die ich mit dem Contouring sprich Schnitt betone oder gegebenenfalls kaschiere. Besitzt jemand zum Beispiel starke Nasolabialfalten oder abfallende Mundwinkel und ich schneide dann auf dieser Höhe gerade Haare, die denselben Verlauf haben, wirkt das Gesicht noch müder. Verliere ich dazu noch Fülle am Oberkopf, habe ich das Gefühl, da geht richtiggehend Energie aus diesem Look raus. Wenn ich dagegen oben den Schnitt etwas kürzer setze, und die erste Partie schon einen Schwung nach außen macht, kann ich eine Gegenenergie zu den abfallenden Linien schaffen.“
Volumen-Trick
Wer träumt nicht davon, wenn die Haare mal wieder platt runterhängen. Vom Profi habe ich mir sagen lassen, das es besonders wichtig ist, dass man die Haare nach einem warmen Styling gut auskühlen lässt. Egal welches Tool man verwendet, ob Eisen, Bürsten, Wickler oder Klipse. Die Haare brauchen einen Moment, um in der neuen Form zu ruhen und auszukühlen. Dann entsteht auch Volumen. Die Abkühlphase reicht – je nach Haarfülle – von 30 Sekunden bis 2 Minuten. Maßgebend ist auch, mit wie viel Hitze gearbeitet wurde. Ein Styling-Eisen erreicht ca. 185 Grad. Da dauert das Auskühlen leicht zwei Minuten. Mit Föhn und Bürste geht es etwas schneller: 1 bus 1,5 Minuten. Hat man Eisen, bzw. Bürsten, aus dem abgekühlten Haar genommen, braucht es nur noch die Finger zum Stylen und etwas Haarspray zum Fixieren der Frisur.
Die digitale Dauerwelle
Und was bitte ist eine „Digitale Perm”, die als neuer Trend durch die Medien geistert? Aus dem Englischen übersetzt heißt es so viel wie „digitale Dauerwelle”. Dafür werden die Haare auf Heißwickler gedreht, das Ganze digital gesteuert. Was daran so völlig anders sein soll als an der Warm-Dauerwelle der 80er Jahre, erschließt sich mir nicht so ganz. Pauli klärt mich auf: „Das Gerät verspricht, die Umformung mit optimalen Bedingungen zu gestalten. Letztlich ist es aber das Gleiche wie früher, ich löse Schwefelbrücken und verbinde sie wieder. Ob das digital gesteuert ist oder ob der Friseur von Zeit zu Zeit einen Testwickler öffnet, ist das gleiche Prinzip. Man hat vielleicht etwas mehr Kontrolle.“
Auf Nachfrage gibt Stefan Pauli allerdings zu, dass er ohnehin eher zu einem Styling-Tool als zu einer Umformung raten würde, wenn jemand unbedingt Locken haben möchte. Denn wer steht schon auf den Dauerwellen-Pudellook? Und die großzügigen Wellen, die man sich wünschen würde, hat man damit noch nie erreicht. Wer sich erhofft, dass feines Haar mit Locken dicker erscheint, wird ebenfalls enttäuscht sein. In puncto Fülle werden Verdichtungen immer beliebter, während Haarverlängerungen abnehmen. Pauli: „Die Möglichkeiten und Qualitäten sind besser geworden und das zu einem vernünftigen Preis. Eine Verdichtung erfordert keinen großen Aufwand. Ich kann mit einer Auffüllung, die halbkreisförmig am Hinterkopf verläuft, völlig unauffällig Fülle schaffen.“ Damit steht üppigen, langen Haaren nichts mehr im Weg.
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Photo Credit: Catwalkpictures
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