Neues vom Beauty Pro: Porentief nachgefragt
Umsatzeinbruch bei Beautyprodukten
Aufgrund der Coronakrise ist die Kauflaune generell am Boden. Doch auch die Beautyindustrie hat große Einbrüche zu verzeichnen. Denn wer braucht im Homeoffice schon groß Make-up, auch das neue Parfum steht auf der Wunschliste nicht ganz oben. Und Lippenstift verschmiert ohnehin nur unter der Mund-Nase-Schutzmaske.
Das erste Halbjahr 2020 hat die Kosmetikbranche bereits arg gebeutelt. Sonnenschutz- und Luxusprodukte blieben in den Regalen liegen. Dafür haben Seifen und Haarfärbemittel für zu Hause geboomt. Bei Henkel hat sich der Abverkauf von Hygieneartikeln, etwa Handseifen oder Waschmitteln, zum Teil versechsfacht. Der bisher schlimmste Monat für den stationären Handel war der April, als der Lockdown die Läden zum Schließen zwang.
Die Unternehmen mussten Umsatzrückgänge von bis zu 60 Prozent verkraften. Markus Grefer, Präsident des Kosmetikverbands VKE, prognostiziert für das Jahr 2020 „für unsere Branche unter dem Strich ein Umsatzminus von 20 Prozent”. Sogar der Hamburger Kosmetikriese Beiersdorf, der seinen Hauptumsatz mit der traditionsreichen Pflegemarke Nivea erzielt, meldete bei seinen Halbjahreszahlen einen Umsatzrückgang von mehr als zehn Prozent. Die Einbußen der auf Parfüm, dekorative Kosmetik oder Haarpflege spezialisierten Unternehmen beliefen sich nach Schätzungen des Industrieverbands Körperpflege- und Waschmittel (IKW) auf 100 Millionen Euro pro Monat.
Der Lipstick-Index außer Kraft
Der große Verlierer unter den Beautyprodukten ist der Lippenstift. Er verkaufte sich dieses Jahr so schlecht wie nie. Der Lipstick-Index, den der Kosmetikmagnat Leonard Lauder, Erbe des US-Konzerns Estée Lauder, einst aufgestellt hatte, besitzt keine Gültigkeit mehr. Seine Theorie aus den Zwanzigerjahren lautete: Je schlechter die Konjunktur läuft, desto besser verkauft sich Lippenstift. Lauder bezog sich damals auf die Absatzzahlen, die bis in die Weltwirtschaftskrise von 1929 zurückreichten. In schlechten Zeiten, so Lauders Erklärung, kauften seine Kundinnen weniger teure Dinge, Schuhe oder Handtaschen zum Beispiel, leisteten sich zum Ausgleich aber mehr Lippenstifte. Die seien günstiger und machten dennoch Laune. Das stimmte auch immer so – bis zu Corona und der Maskenpflicht.
Nur noch halb so viele Lippenstifte
In diesem Jahr brach laut Marktforschung der npd Group der Absatz von Lippenstiften am Weltmarkt bis dato um 49 Prozent ein, der von Lipgloss um 32 Prozent. Auch das fränkische Unternehmen Schwan Stabilo, Weltmarktführer in der Entwicklung und Produktion von Schminkstiften für Beauty-Marken, bekam das zu spüren. Um ein Drittel sei der Umsatz in der Kosmetiksparte im April eingebrochen, teilte das Unternehmen mit. Dieser Minus-Trend, einhergehend mit einem veränderten Verbraucherverhalten, ist weltweit zu beobachten. Laut fraicheur.com hat die Beauty-Industrie in den USA 2020 zum ersten Mal seit Jahrzehnten einen Verlust von 175 Millionen US Dollar zu verzeichnen.
In Frankreich schminken sich täglich heute nur noch 21 Prozent der Frauen im Alter unter 65 Jahre. Der letzte Wert, den das französische Meinungs- und Marktforschungsinstitut Ifop vor drei Jahren erhob, lag noch bei 42 Prozent. Vor allem junge Frauen in Großstädten verzichten immer häufiger auf Make-up. Zeigt sich nicht auch Influencerin-Ikone Kim Kardashian in den sozialen Netzwerken in letzter Zeit oft kaum geschminkt? Und das, obwohl sie das Gesicht ihrer eigenen Beautybrand ist.
Neue Konzepte
Menschen und besonders Frauen benutzen seit der Antike Schminke, um besser auszusehen. Das wird nicht vollständig verschwinden, sich aber verlagern. Die Maske wird uns noch lange begleiten, was dazu führt, dass die Augen mehr Aufmerksamkeit bekommen. Im Aufwind befinden sich deshalb Produkte, die die Augenpartie betonen wie Mascara, Lidschatten und auch künstliche Wimpern. Auch die Maniküre sowie künstliche Nägel und Nagelfolien gehören zu den Gewinnern in jedem Lockdown. Sind die Kosmetik-Institute geschlossen, wird eben zu Hause gefeilt und lackiert. Dass Äußerlichkeiten immer noch ihre Wichtigkeit haben, beweist auch der Andrang, den Schönheitschirurgen und ästhetische Praxen verzeichnen.
Was sich zudem abzeichnet, ist, dass die Nachfrage bei Kundinnen und Kunden nach Natürlichkeit und Nachhaltigkeit steigt: „Clean Beauty“ und „Green Beauty“. Diesem Trend wollen auch Hersteller Rechnung tragen, die seit Jahrzehnten ihr Geld mit Chemie verdienen. Jens-Martin Schwärzler, Vorstand des Henkel-Unternehmensbereichs Beauty Care, erklärt, wie der Konzern mit Nachhaltigkeit wachsen will. Seine Wachstumsstrategie für das angebrochene Jahrzehnt heißt „Purposeful Growth“. Er sagt: „Wir wollen Werte schaffen für unsere Kunden und Konsumenten, die am Ende dazu führen, dass wir stärker wachsen als der Markt.“
Die gute Nachricht
Für das Produktportfolio von Henkel Beauty Care bedeutet das eine enorme Transformation. Es beginnt bereits damit, welche Energie eingesetzt wird, wie die Produktion arbeitet, wie viel Abfall produziert wird sowie der Umgang mit Abwasser. Schwärzler: „Wir überarbeiten jedes Produkt hinsichtlich seiner Inhaltsstoffe und der Verpackung. Stellen Sie sich eine Pyramide mit drei Ebenen vor. Die Basis nennen wir „Clean Beauty”. Hierbei geht es um starke Produktperformance, die durch Inhaltsstoffe und Technologien erreicht wird, die sanft zu Haut und Haaren sind. Die nächste Stufe heißt „Natural Beauty”: so viele natürliche Inhaltsstoffe wie möglich. Die Ausbaustufe nennen wir „Organic Certified Beauty”. Das bedeutet mehr als 90 Prozent natürliche, organisch zertifizierte Inhaltsstoffe.“
Das Ideal wäre, laut Schwärzer, ein organisches Produkt mit plastikfreier Verpackung, z.B. ein Haarshampoo in Festform aus 100 Prozent natürlichen Inhaltsstoffen in einer Pappverpackung. Allerdings muss es die gleiche Performance wie ein konventionelles Produkt liefern, denn darauf wollen Verbraucher nicht verzichten. Ein gutes Konzept, wenn es denn genau diese Umsetzung fände. Dann hätte Corona doch einen positiven Aspekt, wenn man das so sagen kann.
Newsletter
Photo Credit: Catwalkpictures
Kommentare
Es ist leider tatsächlich für die gesamte Kosmetik- und Körperpflege-Branche
ein Tiefpunkt. Da kommen einfach zu viele Faktoren zusammen: weniger Geld im
Beutel, Homeoffice und Maskenpflicht. Wir können nur hoffen, dass ein baldiger
Impfstoff Entspannung bringt und die vielen betroffenen Branchen wieder auf-
atmen können. Ich drücke uns allen die Daumen!
ich verstehe Deine Frage nicht ganz. Aus dem Text kannst du doch ersehen, mit wem ich Interviews geführt habe bzw. Zahlen erfragt habe wie z. B. bei Estee Lauder. Lg Margit
Lg Tilda