Neues vom Beauty Pro: Porentief nachgefragt

Vorhang auf fürs Corona-Pony

Wenn ich mich neuerdings – systemrelevant, versteht sich – in der Stadt aufhalte, fällt mir manches auf, z.B. dass die Leute trotz FFP2-Maske einen Riesenbogen um ihre Mitmenschen machen. Aber sobald sie einen Welpen sehen, stürzen sie sich auf ihn und vergessen jede Abstandsregel, auch zum Hundebesitzer. Und ich erblicke an immer mehr Frauen eine Frisur, die nicht einem genialen Hairstylisten gedankt ist, sondern Corona. Nämlich den Pony-Vorhang. Dafür gibt es auch einen internationalen, englischen Begriff: „Curtain Bangs”. Wobei der Trend, der immer wieder mal aufpoppt, nicht neu ist. Neu ist nur, dass er jetzt zu den geschlossenen Friseursalons passt.
In den Sechzigerjahren war es die französische Stil-Ikone und Sexsymbol Brigitte Bardot, die diese Pony-Frisur zum Trend kürte. BB, wie sie genannt wurde, trug dunkel geschminkte Augen, die langen, blonden Haare mittig gescheitelt und dazu den XL-Pony vorhangmäßig zu den Seiten gestylt. Was den Look schon damals so begehrt machte: Er spiegelt die Nonchalance der Französinnen wider.

Die Corona-Frisur hat prominente Fans

BBs Frisur wurde von Millionen Frauen weltweit kopiert und tauchte seitdem in jedem Jahrzehnt von Neuem auf. In den Siebzigerjahren trugen sie zum Beispiel die US-Celebrities Farrah Fawcett und Goldie Hawn. Aber auch bei den Social Media Stars unseres digitalen Zeitalters ist der „French Girl Fringe” sehr beliebt. Wir sahen ihn schon an Dakota Johnson, Kirsten Dunst, Alexa Chung oder Models wie Suki Waterhouse. Immer wieder poppt dieser Hairstyle auf. 2017 vermeldete Refinery 29, dass die Suchanfragen für den Retro-Look auf Pinterest in wenigen Wochen um 600 Prozent angestiegen waren. Und jetzt ist er wieder da. Wenn auch unter anderen gesellschaftlichen Vorzeichen.
Caroline de Maigret mit 'Curtain Fringe' im Schumanns in München
Stilikone Caroline de Maigret mit 'Curtain Fringe' im Schumanns in München

Vorteile des „Curtain Fringe”

French Chic meets Vintage Look. So könnte man die über-coole Pony-Frisur bezeichnen, die in den jetzigen Lockdown-Zeiten aus der Not eine Tugend macht. Sie ist die wohl lässigste Art, einen herausgewachsenen Pony zu tragen. Ihr ganz großer Vorteil: Den „Curtain Fringe” muss man nicht alle paar Wochen kürzen. Der Vintage-inspirierte Look darf ohnehin nicht zu perfekt aussehen. Bloß nicht! Er sollte eher wie zufällig wirken. Und einfach stylen lässt er sich auch. Voraussetzung für die Retro-Silhouette ist ein Mittelscheitel, um den Vorhang-Effekt zu erfüllen. Von diesem Punkt aus fallen die längeren Pony-Partien jeweils zu den Seiten. Die Länge des Ponys kann variieren, er muss nur lang genug sein.
Idealerweise sind die Partien nach vorne hin etwas abgeschrägt, also leicht gestuft, sodaß sie fließend das Gesicht umspielen. Aber das ist kein Muss. Wie üblich bei Frisurentrends mit längeren Haaren ist ein festere und üppigere Haarstruktur von Vorteil. Ob lockig oder glatt, das ist egal. Aber geeignete Produkte und eine gute Styling-Routine sind in jedem Fall die idealen Partner.
Prada Curtain Bangs Runway Modepilot
'Curtain Bangs' bei Prada, Frühjahr/Sommer 2021

Was sagt der Haarstyling-Profi?

Guido Palau, der englische Hairstylist und Trendsetter der Fashion-Szene, behauptet, dass jede Frau Pony tragen kann. „Wichtig ist nur, dass sie den Pony bestimmt und nicht er sie.“ Sprich, Du sagst dem Pony, wo er lang zu gehen hat. Um den unprätentiösen, lässigen Effekt zu erzielen, rät der Style-Experte zu zwei Tools: „Ich würde einen Föhn und eine Rundbürste benutzen.” Das Wichtigste ist, das man erst mal festlegt, in welche Richtung man föhnt. Am besten benutzt man dabei die Finger. Dabei sollte man darauf achten, dass der Pony immer nach außen geföhnt wird. Die Variante nach innen kann schnell altbacken wirken.
Wenn nötig, benutzt man zum Schluß die Rundbürste, um das Haar geschmeidig zu machen. Nach dem Föhnen den Pony mit Wachs oder Haarspray in Form halten. Aber Palau hat noch einen weiteren Trick auf Lager: „Die Haare mit wenig Wasser anfeuchten und eine Thickening Lotion verteilen. Dann ein Netz aufsetzen und trocknen lassen. Auf diese Weise bleiben die Haare flach und bekommen eine natürliche Griffigkeit. Nur noch mit den Fingern durchgehen und den Pony mit etwas Spray fixieren.“
Curtain Bangs Fringe Runway Modepilot
Dolce & Gabbana, Frühjahr/Sommer 2006

Wem steht’s am besten?

Grundsätzlich passen „Curtain Bangs” zu jeder Gesichtsform. Den größten Vorteil zieht allerdings eine eckige Gesichtsform daraus, weil die kantigen Züge optisch abgemildert werden und das Gesicht weicher wirkt. Auch runde Gesichtsformen können profitieren, weil der „Vorhang“ sie in die Länge zieht. Dabei ist ein längerer Pony mit soften Stufen die beste Wahl. Ovale und länglichen Gesichtern bekommen durch die Bangs einen kompakten Rahmen. Da darf der Pony ruhig etwas kürzer und stärker gestuft sein. Aber was tun, wenn man nicht ganz zufrieden ist mit seinem Pony, wie er stufenlos herauswächst, und der Friseur immer noch geschlossen hat? Guido Palaus Aussage dazu lautet: „Schneiden Sie Ihren Pony einfach zu Hause. Wenn Sie wollen, nehmen Sie Ihre Küchenschere. Die einzige Voraussetzung fürs Gelingen: Es geht immer nur um Selbstvertrauen.“

Do it yourself

Und nun etwas konkreter, wenn Sie es selbst versuchen wollen. Allerdings lohnt sich dann doch die Ausgabe für ein Profi-Haarschneidegerät. Mit so einer scharfen Friseur-Schere lässt es sich viel präziser arbeiten als mit Nagel- oder Haushaltscheren. Safety first: Mittelscheitel ziehen. Den Pony rechts und links abteilen. Die restlichen Haare zum Pferdeschwanz binden, damit man sie nicht versehentlich mit kürzt.
Nun auf einer Seite mit dem Pony beginnen. Um ihn zu stufen, die Strähne zwischen Zeige- und Mittelfinger nehmen, ohne Spannung auf das Haar auszuüben. Zieht man an den Haaren, wirken sie länger als sie sind, und man neigt dazu, zu viel abzuschneiden. Das ist auch der Grund, warum man den Pony am besten in trockenem Zustand schneidet. Nun schneidet man die Haarspitzen unterhalb der Finger, sie dienen als Markierung, schräg ab. Nicht zu viel Länge auf einmal wegnehmen, lieber noch mal nacharbeiten. Dann das Gleiche auf der anderen Seite.
Wer sich das Procedere gerne bildlich anschauen möchte, dem empfehle ich „Cut and Style Curtain Bangs Like a Professional Hairdresser“. Das Tutorial von Ariba Pervaiz hat auf YouTube schon fast eine Million aufrufe. Ihre Anleitung ist so gut, da würde ich mich sogar rantrauen, wenn ich einen Pony hätte.
Photo Credit: Catwalk pictures, Modepilot
Modepilot ist Deutschlands erster Modeblog. Mit seiner Gründung in 2007 war und ist er Vorreiter der unabhängigen Mode-Berichterstattung. Noch heute wird die Seite leidenschaftlich von Mitgründerin Kathrin Bierling geführt. Sie ist eine ausgebildete und erfahrene Journalistin, die zunächst bei der Financial Times lernte und arbeitete und dann einige Jahre bei der WirtschaftsWoche beschäftigt war, bevor sie die Seiten Harpersbazaar.de, Elle.de und InStyle.de verantwortete. An Modepilot liebt sie, dass sie die Seite immer wieder neu erfinden muss, um am Puls der Zeit zu bleiben. Worin sie und ihre Autoren sich stets treu bleiben: Den Leser ernst nehmen, nicht sich selbst.

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