Neues vom Beauty Pro: Porentief nachgefragt
Minimalismus in der Hautpflege
Ursprünglich verstand sich Minimalismus als eine Kunstrichtung, die sich in den 60er Jahren aus einer Gegenbewegung zum Expressionismus entwickelt hat. Inzwischen ist es ein Lifestyle-Konzept, das sich auf alle Lebensbereiche erstreckt. Dass der „Weniger ist mehr“-Trend jetzt auch in der Hautpflege angekommen ist, kann ich nur begrüßen. Für mich war das schon immer das Skincare-Credo für schöne Haut.
Das Kind hat jetzt einen Namen: „Skinimalism“. Der Begriff wurde Anfang des Jahres von der Social-Media-Plattform Pinterest als Trend für 2021 ausgerufen. Auslöser dafür war, dass der Algorithmus immer mehr Suchanfragen nach Themen wie „natürliches Make-up“ und „strahlende Haut auf natürliche Weise“ herausgefiltert hatte. Die Suchbegriffe für „natürliche Haut“ sind in letzter Zeit um unglaubliche 400 Prozent gestiegen. Und auch auf Instagram haben sich Hashtags wie #skinimalism, „skinpositivity“ und „bodypositivity“ durchgesetzt.
Zeigt mehr Haut!
Hinter der Idee von Skinimalismus steckt nicht nur, sich auf wenigere, aber effektive Pflege- und Make-up-Produkte zu konzentrieren, sondern auch mehr von seiner Haut zu zeigen. Und zwar so wie sie wirklich aussieht − nicht verfälscht durch Schichten von Primer, Foundation, Contouring-Puder und Rouge oder durch Social-Media-Filter, die auch die kleinste Pore verschwinden lassen. Echte Haut hat nun mal Unregelmäßigkeiten, Flecken und Pickel. Und dazu darf man stehen. Inzwischen weiß doch jeder, dass die perfekte Haut eine große Lüge ist. Es gibt sie einfach nicht, auch wenn Filter, photo-editing Apps, and airbrushed Beauty Brand Kampagnen uns das vorgaukeln wollen.
Dabei wurde die No Make-up-Bewegung schon vor Jahren von einer berühmten Protagonistin begründet. Alicia Keys, die amerikanische Soul- und R&B-Sängerin, hat 2016 beschlossen, auf Make-up zu verzichten. Und das bei dem im Showbiz üblichen Schmink-Wahnsinn. Keys hörte damit auf, weil sie nach eigenen Aussagen süchtig danach war. Auch heute noch erscheint sie bei öffentlichen Auftritten ohne Make-up. Sie genehmigt sich höchstens mal Mascara und Kajal.
Corona verändert das Beauty-Verhalten
Dass auch deutsche Frauen sich heute ohne Make-up am wohlsten fühlen, hat eine internationale Umfrage des Statista Global Consumer Survey ergeben. Sie fand im Juni 2021 nach mehr als einem Jahr Corona mit über 8.000 Frauen in Deutschland, Brasilien, China, Frankreich, Russland, Südkorea, Großbritannien und den USA statt. Mit 41 Prozent Make-up-Verweigerer liegen die deutschen Frauen damit ganz vorne. In China und Südkorea sind es nur 20 Prozent. Beim Schönheitsinteresse bilden wir mit neun Prozent das Schlusslicht. Dagegen liegen die Russinnen (47 Prozent) und die Französinnen (39 Prozent) an der Spitze.
Allerdings ist das veränderte Beauty-Verhalten auch den weltweiten Lockdowns geschuldet. In Deutschland trugen 51 Prozent weniger Make-up als gewohnt. Im internationalen Durchschnitt haben sich 27 Prozent der Frauen weniger um ihr Aussehen gesorgt. Zugenommen während der Pandemie haben ganz deutlich Gesichtsbehandlungen: 20 Prozent der Deutschen haben sie öfter angewendet als vorher, in der Generation Z (Post-Millennials) waren es sogar 35 Prozent.
Tatsache ist, dass ein Zuviel an jeglicher Kosmetik unserer Haut schadet. Wird sie von verschiedenen Foundation- und Puder-Schichten bedeckt und dazu noch ein Kardashian-Contouring in verschiedenen Nuancen, können die Poren nicht mehr atmen. Hautirritation und -reaktionen können die Folge sein. Das Gleiche gilt für ein überdimensioniertes Pflege-Programm. Selbst die gesündeste Haut macht schlapp, wenn man sie überfrachtet mit Öl, Essenz, Peeling, Tuchmaske, Serum und, und, und. Denn gerade bei vielen Schichten bleibt die Kombination verschiedener Wirkstoffe nicht aus. Das kann dann zu unerwünschten Reaktionen führen. Pro Schicht müsste man außerdem mindestens 20 Minuten abwarten. Aber wer macht das schon.
Kein Make-up?
Skinimalism (engl. = Haut + Minimalismus) meint eine durchdachte Pflege-Routine, die sich aus wenigen, aber wirksamen Produkten zusammensetzt. Nachhaltigkeit und die so genannte „Clean Beauty“ kommen dabei ins Spiel. Bezeichnender Weise stammt der Trend aus einem Land, wo Frauen nicht selten 17 und mehr Schichten schon morgens auf ihre Haut klatschten − nämlich aus Korea. Die südkoreanische Kosmetikmarke AmorePacific gab den Anstoß dazu. Statt je einem Produkt für Brightening, Hydrating, Exfoliating, Detoxing (und die Liste geht weiter…) wurden die Frauen angehalten, Produkte zu verwenden, die gleichzeitig mehrere Benefits erfüllen. Das spart Zeit, Mühe und auch Geld. Nicht nur in der Pflege. Beim Make-up darf die Haut durchscheinen − auch mit kleinen Fehlern. Meist genügt schon eine BB-Cream.
Aber wie speckt man seine Beauty-Routine sinnvoll ab und wird zum Skinimalist? Als Erstes sollte man sich auf seine aktuellen Hautbedürfnisse fokussieren und darauf dann die drei wichtigsten Schritte aufbauen – Reinigung, Pflege, Schutz.
Eine ausgeklügelte Produktformel kann mehrere Aktivstoffe enthalten, die der Haut genau das geben, was sie braucht. Wenn wir als Verbraucher dagegen versuchen, mit mehreren Produkten das gleiche Ergebnis zu erreichen, ist das nahezu aussichtslos. Denn einige Inhaltsstoffe bekämpfen sich aktiv, andere haben gegenteilige Wirkung und wieder andere besitzen viel zu ähnliche Wirkeffekte und verpuffen. Eine effektive Formulierung für die Haut zu entwickeln, erfordert viel Erfahrung und ist nicht mit ein paar Klicks auf Google zu erreichen.
Mehr von unserer Autorin Margit Rüdiger lesen Sie jeden Freitag hier auf MODEPILOT.de – Ihre bisherigen Kolumnen gibt es hier >>> und mehr auf ihrem Blog Culture & Cream (>>>) Fragen, Wünsche, Feedback? Sie erreichen unsere Kolumnistin unter beautypro[@]modepilot.de
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Photo Credit: Catwalkpictures
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