Neues vom Beauty Pro: Olivenernte in der Toskana

Polyphenole zum Trinken ­− Und warum das so gut für uns ist

Ich dachte immer, Bäumchen schüttele dich und dann fallen die Oliven herunter. Anschließend muss man sie nur noch aufsammeln. Falsch, zumindest in der Toskana. Ich habe gelernt, dass man in Griechenland zum Beispiel die Oliven von den Bäumen schüttelt, aber dass das wenig sinnvoll ist, weil man damit den Olivenbaum und seine Wurzeln mitbewegt. Auf Dauer ist das Rütteln schlecht für ein gesundes Wachstum von Baum und Frucht. In Italien bevorzugt man deshalb das Kämmen der Olivenbäume.
Margit Rüdiger bei der Olivenernte
Ich bei der Olivenernte: Kämmen, nicht schütteln
Ich war gespannt, was mich bei der Olivenernte in der Fattoria La Vialla in der Nähe von Arezzo erwarten würde. Vergangene Woche war es dann soweit. Die Ernte der 100.000 Bäume auf der Farm war aufgrund des guten Wetters für Ende Oktober angesetzt. Ich durfte nicht nur dabei sein, sondern mithelfen. Ein Punkt auf meiner Lebenswunschliste, den ich damit abhaken konnte.

Im Einklang mit der Natur

Also machten wir uns morgens nach einem Espresso auf zu einem 20-minütigen Fußmarsch in den etwas abgelegenen, riesigen Olivenhain auf dem 1.400 Hektar großen Gelände der Fattoria. Auf Deutsch heißt 'Fattoria' übrigens Bauernhof − in diesem Fall einer mit 33 Gebäuden. Gegründet wurde die Fattoria 1978 von Piero und Giuliana Lo Franco. Sie entstand auf den Ruinen verfallener Bauernhöfe, die liebevoll restauriert wurden und heute an Gäste vermietet werden. Diese kommen, um das Leben im Einklang mit der Natur kennenzulernen und, um die farmeigenen Produkte aus biodynamischer Herstellung zu genießen. Dazu zählen von Brot, Käse, Wurst, Lamm, Hühner, Eier, Pesto, Olivenöl, Wein und Cantuccini.
Polyphenole Modepilot Tafel Toskana
Eine italienische Tafel wie im Film
La Vialla ist heute das größte Unternehmen biodynamischer Landwirtschaft in Europa. Die Brüder Antonio, Bandino und Giani führen es in zweiter Generation. Das Konzept der biologisch-dynamischen Landwirtschaft ist übrigens nicht neu. Es beruht auf den Ideen Rudolf Steiners, Begründer der Anthroposophie, die er bereits 1924 präsentierte. Sie umfassen Feldwirtschaft, Viehwirtschaft, Saatgutproduktion und Landschaftspflege.

Olivenkämmen und filmreif speisen

Aber zurück zur Olivenernte. Die Farm-Arbeiter hatten bereits Netze unter den abzuerntenden Bäumen ausgelegt. Um zu den höheren, reich mit Früchten behangenen Ästen zu gelangen, waren Leitern an die Stämme gelehnt. Jeder von uns Helfern hatte einen gelben oder orangefarbenen Plastikrechen mit einem langen Stil. Mit so etwas habe ich früher im Sandkasten gespielt. Fast, denn die Zinken des speziellen Rechens stehen besonders weit auseinander, sodass man die Oliven gut vom Baum holen kann, ohne Äste oder allzu viele Blätter mit abzureißen.
Italy, Fattoria La Vialla, picking olive and harvest with electric hark
Die Farmmitarbeiter hatten schon Netze ausgelegt
Was sich so einfach und kurzweilig anhört, ist auf Dauer ganz schön anstrengend. Ein steifer Nacken, weil der Blick ja meist nach oben geht, um die Oliven zwischen den Ästen ausfindig zu machen, und lahme Arme von der ständigen Über-Kopf-Bewegung, sind garantiert, wenn man wie die Farmarbeiter während der Erntezeit den ganzen Tag auf der Leiter steht. Wir Laien bekamen mittags eine Ablösung und ein wunderbares toskanisches Pranzo. Die lange Mittagstafel mit den rot karierten Tischdecken stand zwischen den Olivenbäumen und hätte gut und gerne eine Szene aus einem italienischen Film sein können.
Polyphenole Modepilot
Bruschetta mit Olivenöl

Polyphenole zum Trinken: Vom Abfallprodukt zum Superfood

Währenddessen kamen die schwarz glänzenden Oliven aus den Netzten in die bereitstehenden Kisten, fertig zum Abtransport in die hauseigene Ölmühle. In der biodynamischen Landwirtschaft der Fattoria unterliegt alles dem natürlichen Kreislauf. Nichts wird weggeworfen, sondern diesem wieder zugeführt. Alles ist eco-sostenibile, also nachhaltig. So auch bei den Oliven. Sie liefern nicht nur erstklassiges Öl. Zusätzlich wird aus dem bräunlichen Wasser, das bei der Pressung entsteht, ein hochpotentes Nahrungsergänzungsmittel hergestellt.
Olivenernte Modepilot Toskana
Olivenernte in der Toskana
Dieses Vegetationswasser, das sogenannte 'Acqua Mora', war lange Zeit ein Abfallprodukt bei der Herstellung von Olivenöl. Es landete auf dem Kompost bis auf ein paar wenige Liter, die manche toskanischen Bauern während der Olivenernte tranken. Auch die im Jahr 2000 verstorbene Urgroßmutter der Lo Francos, Caterina Lo Franco, schwor auf die positive Wirkung dieses extrem bitteren und überaus polyphenolhaltigen Acqua Mora. Sie hatte täglich zwei Gläser davon getrunken. Heute weiß man, dass das Olivenpresswasser im Vergleich zum Öl das 20-fache der Polyphenol-Menge und damit des wertvollen Antioxidans Hydroxytyrosol enthält, das pathologische Gefäßveränderungen hemmt. Den Unterschied bemerkt man bereits am Geschmack. Das Wasser schmeckt wesentlich bitterer als die Frucht selbst.

Starkes Konzentrat

Das Vegetationswasser macht bei dem Pressvorgang der Oliven circa 20 Prozent aus. An Olivenöl gewinnt man ebenfalls circa 20 Prozent, die restlichen 60 Prozent sind feste Bestandteile für den Kompost. Das Öl aus La Vialla kommt immer erst im kommenden Jahr auf den Markt, da es nicht gefiltert wird und die Schwebstoffe erst absinken müssen. Und das Olivenwasser wird wegen der Oxidationsgefahr unmittelbar nach dem Pressen zu einem hochkonzentrierten Elixier weiterverarbeitet. Das geschieht in einem ausgeklügelten Verfahren unter den wachsamen Augen des Önologen Marco Cervellera, dem auch die Weinherstellung untersteht. In einer Osmose-Maschine mit keramischen Membranen wird das Acqua Mora viermal konzentriert. Zusätzlich geben sie Sangiovese-Traubensaft hinzu, weil es sonst zu bitter schmecken würde.

Was macht Polyphenole so gesund?

Diese sekundären Pflanzenstoffe kommen ausschließlich in Pflanzen vor, beispielsweise in den Schalen von Obst und Gemüse. Es sind echte Multitalente: Sie wirken antioxidativ, entzündungshemmend, cholesterinsenkend, blutdruckregulierend und stärken das Immunsystem. Die wasserlöslichen Polyphenole können besonders gut vom Körper aufgenommen werden, besitzen also eine hohe Bioverfügbarkeit. Es gibt bereits Studien über die Wirksamkeit von OliPhenolia. Gut schmeckt es nicht, aber das kleine 30-ml-Gläschen ist schnell gelehrt, am besten täglich. Das Paket reicht für eine 16-tägige Kur. Ich mache sie zweimal pro Jahr.
OliPhenolia Modepilot
OliPhenolia
Aber das ist noch nicht alles, was man aus dem Olivenpresswasser machen kann. Auch die biodynamische La Vialla-Kosmetik basiert auf dem „OliPhenolia“. Sie ist wie alle anderen Erzeugnisse der Fattoria von Demeter zertifiziert. Produziert werden die Pflegeprodukte allerdings in Deutschland, kommen dann wieder nach La Vialla zurück und bekommen hier ihr Label.
Mein persönliches Aha-Erlebnis: Beim Spiel mit Welpen hatte ich mir ein paar tiefe Kratzer am Unterarm zugezogen. In der Fattoria bekam ich ein kleines Töpfchen mit einer grüngelblichen, reichhaltigen Creme „verordnet“ − OliPhenolia mit Fenchel. Innerhalb weniger Tage war dank „Olive Salve“ von den Wunden nur noch wenig zu sehen.
Polyphenole Modepilot Olivensalbe
Olive Salve
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Photo Credit: La Vialla
Modepilot ist Deutschlands erster Modeblog. Mit seiner Gründung in 2007 war und ist er Vorreiter der unabhängigen Mode-Berichterstattung. Noch heute wird die Seite leidenschaftlich von Mitgründerin Kathrin Bierling geführt. Sie ist eine ausgebildete und erfahrene Journalistin, die zunächst bei der Financial Times lernte und arbeitete und dann einige Jahre bei der WirtschaftsWoche beschäftigt war, bevor sie die Seiten Harpersbazaar.de, Elle.de und InStyle.de verantwortete. An Modepilot liebt sie, dass sie die Seite immer wieder neu erfinden muss, um am Puls der Zeit zu bleiben. Worin sie und ihre Autoren sich stets treu bleiben: Den Leser ernst nehmen, nicht sich selbst.

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