Geile Brille, geiler Preis
„Ich brauche eine neue Brille“. Nach diesem Satz folgen immer mitleidige Blicke von allen Seiten. Qualitativ hochwertige Korrekturbrillen sind teuer, das weiß man auch dann, wenn man keine Sehschwäche hat. Also heißt es meist zähneknirschend: Brille zum Nulltarif. Fielmann! Muss aber nicht sein.
Beim Schweizer Label Viu kostet ein Gestell aus dem Standard-Sortiment 165 Euro, inklusive hochwertiger Korrekturgläsern von Optiswiss. Wobei „Standard“ dem Angebot nicht gerecht wird: Die wirklich schönen Modelle decken jeden Geschmack ab, von trendy (rund) über extravagant (Cat eye) bis klassisch. Und sie sind dabei kein billiges Massenprodukt: In mehr als 80 manuellen Schritten werden die Modelle, wie die champagnerfarbene „The Diva“ oder „The Diplomat“, in einer Manufaktur in den italienischen Dolomiten handgefertigt.
Ein Blick hinter die Kulissen bei Viu
Die eigenen Stores sehen nicht nach muffigem Optiker, sondern hipper Boutique aus. Website, Packaging – das Design hat einen roten Faden, jedes Detail hat eine harmonische Optik. Wie ist dieser Kampfpreis möglich?
Die blitzeblauen Augen von Gründer Kilian Wagner strahlen, wenn er von seinem Projekt Viu erzählt: "Wir möchten mit unserem Konzept beste Qualität anbieten, in allen Schritten transparent sein und dem Kunden die Möglichkeit geben, Spaß an der Brille zu haben und sie nicht als notgedrungene Anschaffung alle paar Jahre zu sehen". Er startete nach seinem Studium in der Schweiz das Unternehmen gemeinsam mit Freunden, darunter Designer Fabrice Aeberhard, dessen schöne Taschen wir bereits vorgestellt haben, weil er selbst Brillenträger ist und sich fragte: "Warum sind Brillen so teuer?" Er fand eine Antwort: Die Optik-Industrie wird von großen Konzernen kontrolliert, wie zum Beispiel Weltmarktführer Luxottica. Zu ihm gehören populäre Marken wie Ray Ban, Persol und Oakley, außerdem sind sie Lizenznehmer von über 20 Designermarken wie z.B. Chanel, Prada oder Burberry. Das heißt: Der Konzern produziert und vertreibt Korrektur- und Sonnenbrillen im Namen dieser Luxushäuser, teilweise stammt das Design auch vom italienischen Brillenimperium.
Diese Platzhirsche bestimmen die Preise, und nicht komplizierte Fertigungstechniken oder hohe Materialkosten, wie die Branche gerne argumentiert. Dazu kommen die Ausgaben des Optikers, wie Personal, Ladenmiete und Maschinen. Der durchschnittliche, mittelständische Optiker verkauft pro Mitarbeiter weniger als zwei Brillen pro Tag. Bei Branchenprimus Fielmann sind es täglich rund 35 Brillen pro Filiale. Das treibt den Preis nach oben und so bezahlt der Kunde mitunter das Vier- bis Zwanzigfache des Herstellungspreises.
Diese Zwischenschritte – also Design, Produktion und Vertrieb – vereint Viu unter einem Dach. Mit eigenen, ziemlich schicken Läden, z.B. in München, Berlin, Hamburg, aber vor allem auch über die Website. Was fehlt? Na klar, der Sehtest. Ohne den geht es nicht und das ist auch das einzige Manko in der „Alles aus einer Hand“-Strategie. Man muss zu einem Optiker gehen (am besten ein Partneroptiker von Viu), einen Sehtest machen und anschließend entweder in einen der Viu-Läden gehen, wo auch mit einem Messgerät die Pupillendistanz für die exakte Zentrierung der Gläser festgehalten wird, oder seine Daten im Online-Konfigurator eingeben und „try-at-home“ ausprobieren.
Das try-at-home-Prinzip
Online kann man aus über 50 Korrektur-Modellen vier Brillen auswählen, die man nach Hause geschickt bekommt. Vier Tage lang kann man die Brillen testen und anschließend sein Modell wählen und bestellen, nachdem man die exakten Korrekturdaten eingegeben hat. Nach etwa 10 Tagen ist die Wunsch-Brille fertig. Super praktisch, aber gar nicht unkompliziert. Es mag an meiner Unentschlossenheit liegen, aber ich halte es für schier unmöglich, aus den vielen Modellen auszuwählen, ohne sie in der Hand zu halten und wirklich aufzusetzen. Der Gang zum Laden bleibt bei einem so speziellen Produkt, wie einer Brille, unumgänglich. Auch das Virtual-Try-On via Webcam ist ein nettes Tool, aber mehr auch nicht.
Auf das gleiche Prinzip, gute Qualität zu günstigen Preisen und try-at-home, setzt auch Mark de Lange, Inhaber des niederländischen Brillenlabels Ace & Tate, das mit coolen Kampagnen und stylischen Modellen ziemlich schnell zu einem angesagten Fashion-Piece wurde. Bis auf temporäre Pop-up-Stores setzt Ace & Tate (für Acetat, also das Material) auf „online only“ und ist damit sogar noch günstiger als Viu: 98 Euro kostet eine Brille hier inklusive geschliffener Gläser. So kann man sich zwar vielleicht nicht 30 Modelle leisten, wie er selbst, aber doch eine Handvoll – passend zur Stimmung oder dem Outfit. Produziert wird übrigens in einem Familienbetrieb in Norditalien. Klingt alles ziemlich revolutionär und das ist es auch – mit Einschränkungen: Für echte Blindfische ist es keine Lösung, denn die Sehschwäche darf nicht stärker als plus oder minus zehn Dioptrien sein. Gleitsichtbrillen können auch nicht einfach online bestellt werden.
Man muss bei all' dem Jubel natürlich erwähnen, dass diese Marken die Kompetenz und Struktur der bestehenden Optiker nutzen. Diese beäugen wiederum die Online-Shops kritisch und sehen ihr Geschäft bedroht. Aber es war höchste Zeit, dass ein bisschen Bewegung in die Branche kommt: Zum Einen, weil rund 40 Millionen Deutsche eine Sehhilfe brauchen und zum anderen, weil eine Brille mittlerweile mehr ist als nur ein Plastikteil, dass beim Gucken hilft. Sie ist von der ungeliebten Prothese zum modischen Accessoire avanciert. Gott sei Dank: Denn Brillen sind ein gewaltiges Gestaltungselement für das Gesicht. Und diesen Trend holt Viu ziemlich geschickt ab, nämlich durch Kooperationen mit Designern oder Stores, die zur Zielgruppe passen. Eine Auswahl im Überblick.
Saskia Diez x Viu
Wie sehen moderne Brillenketten aus? Die Antwort fanden Viu-Designer Fabrice Aeberhard und die Münchner Schmuckdesigerin Saskia Diez gemeinsam und legten gleich noch zwei Brillenmodelle dazu.
Entstanden sind zwei scherenschnittartige Formen von rahmenlosen Sonnenbrillen: YOU (breiter, gerade) & ME (rund, weich) - erhältlich mit und ohne der drei dazu entwickelten Brillenketten. Dass ihr jetzt DRINGEND eine braucht, haben wir euch ja schon erzählt. Diese sehen sogar richtig gut aus. Die Kollektion ist seit Anfang Juni erhältlich in allen zwölf VIU Flagshipstores in Deutschland und der Schweiz, online auf shopviu.com und saskia-diez.com sowie in ihrem Münchner Atelier im Glockenbachviertel. Für die Preise muss man jetzt gut aufpassen, sonst verliert man den Durchblick (sorry, konnte das Wortspiel nicht lassen): Brillen nicht-limitiert: 175 Euro(Bundle Brille + Kette: 215 Euro), Brillen limitiert: 200 Euro Bundle Brille + Kette: 240 Euro), Ketten: EUR 65.
Lodenfrey x Viu
Viu hat exklusiv für das Münchner Edelkaufhaus eine auf 50 Stück limitierte Sonnenbrillen-Edition kreiert: Die handgefertigten Modelle "The Diva" in "Dark 'n'stormy" und "The Classic" in "Sand", deren Gläser mit Goldschimmer überzogen sind. Glamourous! Erhältlich sind die Brillen seit dem 10.6. online sowie auf der Pop-up-Fläche von Lodenfrey im Erdgeschoss und kosten 220 Euro.
Malaika Raiss x Viu
Designerin Malaika Raiss und Viu sind mittlerweile schon ein eingespieltes Team: Sie entwerfen seit letztem Jahr gemeinsam Modelle, die die aktuelle Laufsteg-Kollektion wiederspiegeln. Die Rahmen sind als Sonnen- und Korrekturbrille erhältlich. Ich finde die Modelle alle richtig klasse (hier könnt ihr euch selbst ein Bild machen). Well done!
Viu-Gründer Kilian Wagner ist übrigens Schwabe. Man sagt ihnen ja Sparsamkeit nach. Wie schön, wenn sie auch noch Stilgefühl haben.
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Photo Credit: Viu, Ace&Tate, Vitali Gelwich, Sandra Kennel
Kommentare
Ich kaufte gleich 2 Brillen im
VIU STORE SALZBURG. Ich fuhr extra von Zell am See nach Salzburg, denn ich war von diesem Design & Preis begeistert . Ich sah diese VIU Brille bei einem Hausgast und wollte auch so eine trendige Brille.
Nadine Zachbauer kümmerte sich perfekt und sehr kompetent um mich, Ich kann jedem Brillenträger VIU EMPFEHLEN
Danke für mein neues „outfit“